Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission ihre Bewertung der mitgliedsstaatlichen Reformprogramme vorgelegt. Damit beurteilt die EU-Behörde, wie sich die Mitgliedsstaaten seit Mai letzten Jahres ins Zeug gelegt haben, um die vom Rat beschlossenen Reformvorschläge umzusetzen. Leider hat die EU-Kommission auf eine transparente Aufarbeitung verzichtet, welches Mitgliedsland die Empfehlungen des letzten Jahres umgesetzt hat und welches nicht. Die entsprechenden Ergebnisse muss sich die interessierte Öffentlichkeit mühsam aus den einzelnen Dokumenten der Kommission zusammensuchen. Die “Economic Governance Support Unit” des Europaparlaments hat diese Arbeit übernommen und wir Grünen im Europaparlament verbreiteten hiermit deren Ergebnisse.
1) Eine Übersicht der länderspezifischen Empfehlungen für 2012 und der entsprechenden Bewertung, ob das jeweilige Land die Empfehlung umgesetzt hat oder nicht: http://bit.ly/18CfGiO
2) Ein Vergleich der länderspezifischen Empfehlungen für die Jahre 2011 bis 2013 ermöglicht zu beurteilen, ob die Reformvorschläge schon seit drei Jahren unverändert sind, bzw. die EU-Kommission ihre Vorschläge über die Zeit verändert hat: http://bit.ly/18Cf9NX
Dazu kommentiert Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
“Ein Blick auf die gerade veröffentlichten Reformvorschläge verdeutlicht, dass es um das Europäische Semester schlecht bestellt ist. Viele Mitgliedsstaaten zeigen nur wenig oder begrenzten Einsatz, wenn es um die Umsetzung der vorgeschlagenen Reformen geht. Nur bei 17 von über 140 Reformvorschlägen gab es eine volle Umsetzung oder auch nur erheblichen Fortschritt, obwohl der Rat der Mitgliedsländer die Reformen 2012 selbst beschlossen hatte. Ein Armutszeugnis, bei dem von einem Diktat aus Brüssel keine Rede sein kann! Damit schieben die Mitgliedsstaaten durch ihr widerstrebendes Verhalten das Europäische Semester in Richtung Abstellgleis. Dem Europäischen Semester droht damit das gleiche Scheitern wie der Lissabon-Strategie.
Umso unverständlicher ist es, dass die EU-Kommission darauf verzichtet, das Zögern und Ignorieren der Mitgliedsländer transparent darzustellen und anzuprangern. Es ist peinlich für die Kommission, dass das Europaparlament nun ihre Arbeit erledigen muss. Offensichtlich führt der große Einfluss der Mitgliedsländer bei der EU-Kommission zu Konfliktscheue.
Das Ergebnis zeigt: Die Europäischen Institutionen brauchen mehr Demokratie und Effizienz, und die Mitgliedsländer mehr Reformeifer.”