Sven Giegold

Bankkonto für alle: Europa baut allen Bürgern Brücke zum Binnenmarkt

Mit ihrem Richtlinienvorschlag “Bankkonto für alle” (Eurosprech: “Über die Vergleichbarkeit von Zahlungskontogebühren, den Wechsel von Zahlungskonten und den Zugang zu Zahlungskonten mit grundlegenden Funktionen”) zielt die EU-Kommission darauf ab, den Zugang der Bürger zum alltäglichen Zahlungsverkehr und damit insbesondere zum Europäischen Binnenmarkt zu verbessern. Außerdem soll der Preisvergleich von Girokonten und der Wechsel zu einer anderen Bank zukünftig einfacher werden. Das Europaparlament hat heute mit breiter Mehrheit seine Position dazu verabschiedet. Mit dieser inhaltlichen Grundlage gehen die ParlamentarierInnen in die so genannten Trilogverhandlungen mit der Kommission und der Ratspräsidentschaft, welche die Mitgliedsstaaten vertritt.

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher und Schattenberichterstatter der Grünen im Europaparlament kommentiert das Abstimmungsergebnis:

„Das Europaparlament fordert ein kostengünstiges “Bankkonto für alle”. Durch Grünen Einsatz konnte im Text verankert werden, dass Menschen, die einen Wohnsitz in Deutschland haben, eine Aufenthaltserlaubnis besitzen oder auf deren Genehmigung warten, ein Konto eröffnen können. Deshalb haben Flüchtlinge, Gaststudenten aus fernen Ländern oder Green-Card-Besitzer zukünftig ein Recht auf ein Basiskonto. Das Europaparlament setzt damit dem Flickenteppich aus nationalen Regelungen ein europaweit gültiges Recht auf Teilhabe am Zahlungsverkehr und damit auch am Binnenmarkt entgegen.

Außerdem ist das Konto alltagstauglich. Es erleichtert Zahlungsvorgänge wie Lastschriften, Überweisungen oder Daueraufträge und macht Kartenzahlungen möglich. Die Banken können selbst entscheiden, ob sie dem Kunden einen begrenzten Überziehungskredit zur Begleichung der wichtigsten monatlichen Kosten zur Verfügung stellen. Damit leistet das „Bankkonto für alle“ einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung des von der SEPA-Richtlinie etablierten einheitlichen Eurozahlungsraums.

Den Vorschlag der Kommission zur Schaffung von Internetseiten, damit Verbraucher die Preise und Leistungen von Girokonten besser vergleichen können, hat das Parlament weiterentwickelt. Eine wichtige Verbesserung und ein Grünes Anliegen: Beim Vergleich der Kontoangebote sollen die Internetseiten neben Preisen und Leistungen auch berücksichtigen, ob die jeweilige Bank ein Netz aus Zweigstellen und Geldautomaten anbietet. Diese Kriterien fördern einen qualitativen Wettbewerb unter den Kreditinstituten, der Investitionen in Servicequalität und Beratungsleistungen berücksichtigt. Sparkassen und Genossenschaftsbanken werden somit nicht gegenüber Direktbanken benachteiligt, wie es die EU-Kommission vorgeschlagen hatte.

Mit dieser guten Parlamentsposition in den Händen brauchen wir jetzt zügig den Startschuss für die Trilog-Verhandlungen mit Rat und Kommission, damit das “Bankkonto für alle” schnellstmöglich Realität wird.“

Hier gibt es den Kommissionsvorschlag zum “Bankkonto für alle”.

Und hier den heute im Parlament abgestimmten Text zum “Bankkonto für alle” (Klute Bericht).

Zentrale Punkte der Position des Europarlaments und der Europäischen Kommission im Vergleich

Inhaltlicher Punkt

Position des Europarlaments

Position des Kommissionsvorschlags

Offenlegung von Gebühren (Artikel 4)

Mindestens jährliche Bereitstellung einer kostenlosen Übersicht von sämtlichen in Verbindung mit dem Girokonto auftretenen Kosten

Jährliche Bereitstellung einer Übersicht der durch die Nutzung des Girokonto-Dienstleistungen versursachten Kosten

Regeln für Internetseiten zum Vergleich von Girokonten (Artikel 7.1)

Berücksichtigung des Zweigstellennetzwerks and der angebotenen Geldautomaten der jeweiligen Bank

Kosten als einziges qualitatives Merkmal des Vergleichs

Wechsel vom bestehenden Girokonto zu einem Girokonto einer anderen Bank (Artikel 9)

Kontenwechsel in der Eurozone (bzw. auch nicht-Euro-Konten) soll innerhalb von 18 Monaten (48 Monaten) nach in Krafttreten der Richtlinie ermöglicht werden. Hohe Gebühren für den Girokontowechsel werden vermieden

Kontenwechsel soll nach in Krafttreten der Richtlinie möglich werden. Gebühren sollen angemessen (lt. Zahlungsdiensterichtlinie) sein

Zugang zum Basiskonto (Artikel 14)

Menschen die in einem Mitgliedsland ihren Wohnsitz haben und auf ihre Aufhaltsgenemigung warten oder Flüchtlinge gemäß der Genfer Konvention sind können das Basiskonto nutzen

Menschen die ihren Wohnsitz in einem EU-Mitgliedsland haben können das Basiskonto nutzen. Eine Diskriminierung aufgrund Nationalität oder Herkunft soll ausgeschlossen werden

Bereitstellung des Basiskontos (Artikel 15)

Alle Banken mit der Kerntätigkeit Zahlungsverkehr sollen das Basiskonto bereitstellen. Die Mitgliedsstaaten können Ausnahmen beantragen, die von der Kommission genehmigt werden müssen. Bedingungen für die Ausnahme: (1) Zugangsrecht zum Basiskonto darf nicht beeinträchtigt werden, (2) es müssen gleiche Bedingungen für alle Banken herrschen, (3) Nutzer des Basiskontos dürfen nicht stigmatisiert werden

Pro Mitgliedsststaat muss mindestens eine Bank das Basiskonto bereitstellen

Leistungsmerkmale des Basiskontos (Artikel 16)

Das Konto ermöglicht  alle wichtigen Zahlungsvorgänge wie Überweisungen oder Lastschriften auch zukünftig unter SEPA. Eine Zahlungskarte und ein Überziehungskredit können nach Ermessen der Bank bereitgestellt werden

Das Konto ermöglicht alle wichtigen Zahlungsvorgänge, jedoch kein Verweis, dass Konto SEPA-Standards genügen muss, die Inanspruchenahme eines Überziehungskredits ist ausgeschlossen