Sven Giegold

Steuergelder für Nord/LB: EU-Kommission darf nicht mit zweierlei Maß messen

Die EU-Kommission hat Ende vergangener Woche die milliardenschwere Rettung der Norddeutschen Landesbank (Nord/LB) genehmigt. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager erklärte am Donnerstag, das Vorhaben erfolge zu marktüblichen Bedingungen und verstoße deshalb nicht gegen EU-Beihilfevorschriften. Die Nord/LB war durch faule Schiffskredite in Schieflage geraten und soll nun eine Kapitalerhöhung sowie Garantien von insgesamt 3,6 Milliarden Euro erhalten. Das Land Niedersachsen als Haupteigentümer steuert rund 2,3 Milliarden Euro bei, aus Sachsen-Anhalt sollen 198 Millionen Euro kommen. Die ebenfalls beteiligte Sparkassengruppe soll etwa 1,1 Milliarden Euro aufbringen. Nach dem grünen Licht der EU-Kommission müssen noch die Landtage in Hannover und Magdeburg zustimmen. Das einzige private Angebot zur Übernahme der angeschlagenen Nord/LB durch die beiden US-amerikanischen Private-Equity-Fonds Cerberus und Centerbridge hatten die Eigentümer im Februar 2019 abgelehnt. Auf Initiative der Fraktion Grüne/EFA wird sich nun die Arbeitsgruppe zur Bankenunion des Wirtschafts- und Währungsausschusses im Europaparlament mit der Nord/LB und anderen Fällen staatlicher Beihilfe der jüngeren Vergangenheit befassen. Es wird angestrebt, dass die Sitzung schon in der nächsten Woche in Straßburg stattfindet.

 

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

 

“Das auf dem Scherbenhaufen der Finanzkrise gemachte Versprechen, nie mehr eine Bank mit Steuergeldern zu retten, wird einmal mehr gebrochen. Die Entscheidung der Europäischen Wettbewerbsbehörde wirft Fragen auf. Hinter dem neuen Businessplan der Nord/LB stehen viele Fragezeichen. Schon 2012 erhielt die Nord/LB staatliche Unterstützung auf der Grundlage eines höchst ambitionierten Umstrukturierungsplans, der die Bank wieder profitabel machen sollte. Doch mit ihrer optimistischen Geschäftsprognose ist die EU-Kommission damals krachend gescheitert. Nun steht zu befürchten, dass die Kommission einmal mehr das Bild zu rosig zeichnet. Der deutsche Bankenmarkt ist nach wie vor sehr wettbewerbsintensiv, die Margen sind niedrig und die Digitalisierung verbessert die Geschäftsaussichten auch nicht. Es ist deshalb fraglich, ob die Nord/LB wieder schwarze Zahlen schreiben wird. Zur Wahrheit gehört auch, dass völlig unbekannt ist, wer von einer Rettung durch Steuergelder profitieren wird.

 

Das monatelange Verhandeln hinter verschlossenen Türen zwischen EU-Kommission, Bundesfinanzministerium und Eigentümern der Nord/LB war keine vertrauensbildende Maßnahme. Die Bundesregierung hatte sich in der Vergangenheit immer wieder gegen neue Staatshilfen für Banken etwa in Italien ausgesprochen. Es ist nachvollziehbar, dass der Deutschland und der Europäischen Wettbewerbsbehörde in Italien nun Doppelmoral vorgeworfen. Um die Glaubwürdigkeit der Bankenunion zu bewahren, müssen die europäischen Regeln für staatliche Beihilfen überall in Europa uneingeschränkt gelten. Margrethe Vestager bleibt eine detaillierte Erklärung schuldig, inwiefern ein privater Investor unter diesen Umständen ein vergleichbares Angebot gemacht hätte. Ich freue mich daher, dass Sozialdemokraten, Liberale, Linke und Rechtskonservative unseren Vorschlag unterstützen, Wettbewerbskommissarin Vestager sowie Vertreter von EZB und der Generaldirektion Finanzdienstleistungen zu einer Aussprache einzuladen. Wir müssen sicherstellen, dass die EU-Kommission nicht mit zweierlei Maß misst.“

 

Antwort des Niedersächsischen Finanzministeriums auf die Anfrage des Abgeordneten Stefan Wenzel (Bündnis 90/Die Grünen) zum Nachrangkapital und Eigenkapital der NORD/LB:

https://www.landtag-niedersachsen.de/ps/tools/download.php?file=/ltnds/live/cms/dms/psfile/docfile/54/18_013765b728a073edc9.pdf&name=18-01376.pdf&disposition=attachment

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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