Sven Giegold

Endlich Durchblick im verrückten Labyrinth: Bankenrettung auf europäische Art

Liebe Freundinnen und Freunde,

liebe Interessierte,

diese Grafik müssen alle Finanzmarkt-Profis und -Interessierten gesehen haben! Wenn Staaten in Europa Banken retten, läuft das selten nach Schema F. Stattdessen gibt es unzählige Wege, um im Dickicht der europäischen Regeln ans fragwürdige Ziel zu kommen. Im Fachjargon nennt man die verschiedenen Methoden der Bankenrettung oft “Tools”, Werkzeuge. Ich denke, die europäische Toolbox ist selbst hochgradig reparaturbedürftig! Das ganze Ausmaß des Wahnsinns zeigt unser Schaubild “The EU’s crazy bank repair toolbox”.

Im verrückten Labyrinth der europäischen Beihilferegeln für Banken sorgen wir endlich für den Durchblick. Wir haben keine Kosten und Mühen gescheut, all die Pfade, Umwege, Abkürzungen und Sackgassen zu kartographieren. In monatelanger Forschungsarbeit tüftelten wir sämtliche Wege aus, die zum selben Ziel führen: Einer Bank in Schieflage aus der Patsche helfen, ohne vollständige private Haftung einfordern zu müssen. Unsere Übersicht ist ein unverzichtbares Hilfsmittel für fürsorgliche Staaten, die Bankengläubigern und -anteilseignern keinen lästigen Bail-in zumuten wollen.

Natürlich ist es leicht, sich über etwas so Chaotisches wie die europäischen Abwicklungs- und Beihilferegeln für Banken lustig zu machen. In den letzten Jahren entwickelte sich aus Regeln, die die private Haftung durchsetzen sollten, ein regelrechter Schweizer Käse von Ausnahmen. Die Folgen sind jedoch alles andere als lustig. In diesem hyperkomplexen Regelwerk ist es am Ende wieder viel zu oft der Steuerzahler, der die Rechnung bezahlt. Diese bittere Erkenntnis wird sich vermutlich erneut bewahrheiten, wenn die Auswirkungen der Coronakrise in den Kreditbüchern der europäischen Banken ankommen.

Nie wieder sollten europäische Banken mit Steuergeld gerettet werden. Nie wieder sollten Staaten Pleitebanken beistehen müssen. So hieß es nach der Finanzkrise. Doch die Versuchung ist einfach zu groß: Ob bei Skandalhäusern wie der Monte dei Paschi, ABLV oder seit Jahren hochproblematischen Fällen wie der NORD/LB – auch mehr als 10 Jahre nach der Krise eilen die EU-Staaten ihren Banken noch immer regelmäßig zu Hilfe und schaufeln Steuergelder in mutmaßliche Milliardengräber. Das Bankenretten hat in Europa selbst in wirtschaftlich stabilen Zeiten Konjunktur.

Möglich machen das die komplexen europäischen Beihilferegeln für Banken. Für Nicht-Experten ist das Dickicht an Regelungen kaum zu durchdringen. Auch die Spezialisten verirren sich schnell im Paragraphendschungel. Die gute Nachricht für Staaten mit Helfersyndrom aber lautet: Es ist für jeden etwas dabei.

Sommer-Spaß beiseite: Die Regeln der Bankenrettung in Europa müssen sich ändern. Die neue EU-Kommission plant eine Reform der EU-Bankenabwicklungsregeln (“BRRD”). Für uns Grüne ist klar: Die vielen Ausnahmen führen zu unfairem Wettbewerb und Lasten für die Steuerzahler. Es ist Zeit für konsequente Anwendung des Haftungsprinzips. Nur dann werden Eigenkapital und eigenkapitalersetzende Finanzinstrumente für Banken risikogerecht bepreist werden. Dabei gilt schon heute: Die Generaldirektion Wettbewerb unter Margrethe Vestager, die EU-Generaldirektion Finanzmarkt unter Valdis Dombrovskis, Andrea Enrias EZB-Bankenaufsicht sowie der EU-Bankenabwicklungsmechanismus unter Elke König müssen konsequenter und härter im Interesse der Steuerzahler*innen fairen Wettbewerb anwenden. Ausnahmen dürfen nicht die Regel werden. Auch wenn wir dafür im Europaparlament leider keine Mehrheit haben: Wir werden auch in Zukunft diese neuen Bankensubventionen konsequent kritisieren.

Service: Nach dem Sommer können sich auch alle Interessierten ein persönliches Exemplar als Wandschmuck in meinem Brüsseler Büro abholen. Es darf an keinem Arbeitsplatz eines Finanz-Profis fehlen! Ebenso gibt es noch Exemplare der Vorgänger-Grafik von 2014, die sich qualifiziert über die Entscheidungsstrukturen der EU-Bankenabwicklung lustig macht:

https://sven-giegold.de/bankenrettung-leicht-gemacht/

 

Mit grünen europäischen Grüßen

Sven Giegold

 

P.S.: EINLADUNG zur Online Konferenz: “Struktureller Rassismus: Italienische und Deutsche Perspektiven im Austausch” am Dienstag 14.07. 20-22 Uhr. Unser nächstes italienisch-deutsches Webinar von #WeAreInThisTogether mit großartigen Gästen. Seid dabei und meldet Euch gleich hier an: Zur Anmeldung

 

 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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