Kurz vor dem informellen Treffen der EU Finanzminister in Kopenhagen kündigt Finanzminister Schäuble an, Alternativen zu der von der Kommission vorgeschlagenen Finanztransaktionssteuer diskutieren zu wollen. Eine um bestimmte Derivate erweiterte Börsenumsatzsteuer soll demanch von einigen EU Mitgliedstaaten in verstärkter Zusammenarbeit eingeführt werden.
Bereits beim ECOFIN in Brüssel am 13. März 2012 hat sich diese Entwicklung angekündigt. Unter anderem sprachen Ministerpräsident Juncker aus Luxemburg und Finanzminister Schäuble für die Bundesrepublik überraschend von Alternativmodellen, nachdem sie sich bis dahin für eine EU-weite oder auch Eurozonen-weite FTT eingesetzt hatten.
Den Rückzieher kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher für die Grünen im Europaparlament:
„Wenn es heiß wird verlassen die Köche die Küche. Sowohl Finanzminister Schäuble als auch der luxemburgische Ministerpräsident Juncker, die sonst als Verfechter der EU-Finanztransaktionssteuer galten, rudern zurück. Die Bundesregierung versucht offensichtlich, die eigene Zerstrittenheit zwischen CDU/CSU und FDP so zu kaschieren.
Für einen Rückzieher gibt es aber weder politisch noch ökonomisch einen Anlass. Politisch war der Widerstand Großbritanniens, Schwedens und der Niederlande lange bekannt. Der gute Vorschlag der EU-Kommission kann mit dem Instrument der verstärkten Zusammenarbeit umgesetzt werden. Ein Konsens aller Staaten ist deswegen nicht notwendig.
Ökonomisch gilt weiter, dass der Finanzsektor einen substantiellen Beitrag zu den Kosten der Krise leisten muss. Das geht nur mit einer Finanztransaktionssteuer mit breiter Bemessungsgrundlage und nicht mit einer engen Börsenumsatzsteuer. Schon der Vorschlag der EU-Kommission erschwert Steuervermeidung effektiv. Wir Grüne haben zudem Vorschläge vorgelegt, wie gegen Steuerhinterziehung vorgegangen werden kann. Dazu gehört die Ergänzung des Wohnsitzlandsprinzips um das Ausgabeprinzip, eine allgemeine Anti-Missbrauchsregel sowie ein dauerhafter Ausschuss zur Bekämpfung von Steuervermeidung bei der FTT (1). In diesem Sinne muss die Bundesregierung jetzt entschlossen für die Einführung der FTT mit einer breiten Bemessungsgrundlage in einer Koalition der Willigen kämpfen. Auch die Zivilgesellschaft sollte jetzt Druck machen, damit all die Kampagnen für eine Spekulationssteuer nicht kurz vor dem Erfolg noch scheitern.