Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert die von Wirtschaftsminister Gabriel und dem Italienischen Ministerpräsidenten Renzi angestoßene Debatte um eine neue Interpretation des Stabilitätspakts:
“Wer die Defizitregeln verändern möchte, muss auch die Steuerfrage in Europa anpacken. Den öffentlichen Haushalten der EU-Mitgliedsstaaten gehen jährlich rund eine Billion Euro durch Steuervermeidung und -hinterziehung verloren. Deshalb ist eine leichte Reform der Defizitgrenzen eine piepsende Maus und ignoriert den Elefanten im Raum: Die Steuerausfälle. Die Defizite aller 28 EU-Mitgliedsstaaten betrugen im Jahr 2013 noch nicht einmal die Hälfte (rund 437 Mrd. Euro) der im Sog der Steuertricksereien verschwundenen Summe.
Wer jetzt an den Regeln des Stabilitäts- und Wachstumspakts arbeiten will, sollte mindestens so viel Energie darauf verwenden, der Steuervermeidung und -hinterziehung den Riegel vorzuschieben. Ein Europäischer Steuerpakt mit Europäischen Mindeststeuersätzen ist dabei der richtige Weg. Es ist zu billig, einfach neue Schulden zu beschließen und nichts gegen das europäische Steuerdumping zu unternehmen. Falls nicht alle Mitgliedsstaaten auf diesen Kurs einschwenken, sollte eine Gruppe von entschlossenen Ländern vorausgehen. Mit Initiativen zur Bekämpfung des Steuerdumpings und -hinterziehung könnten ausreichend Einnahmen geschaffen und die Last der Sparbemühungen fairer verteilt werden. Auf diesem Weg wäre auch die längst überfällige Korrektur der einäugigen Austeritätspolitität finanzierbar.”
Weitere Informationen zum Grünen Vorschlag für einen Europäischen Steuerpakt finden Sie hier: https://sven-giegold.de/2013/pakt-gegen-steuerfluchtgrune-fordern-irische-prasidentschaft-zum-handeln-auf/