Sven Giegold, Spitzenkandidat der Grünen für die Europawahlen und wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher Europaparlament kommentiert die heutige Kommissionsentscheidung, keinen Legislativvorschlag zu machen, sondern lediglich eine neue Konsultation zu möglichen Gesetzesänderungen zu starten:
„Die heutige Entscheidung der EU-Kommission, 1,9 Millionen Bürgerinnen und Bürger in ihrem Wunsch nach Wasser als Grundrecht zu enttäuschen, ist Wasser auf die Mühlen der Europaskeptiker. Der Umgang mit dieser ersten erfolgreichen Europäischen Bürgerinitiative ist ein Schlag ins Gesicht der Bürger. Alle weiße Salbe der Kommission von Konsultationen und Respekt für die Bürgerinitiative kann nicht darüber hinwegtäuschen: Ohne Gesetzesvorschläge der EU-Kommission werden die Initiatoren der Bürgerinitiative und die Bürgerinnen und Bürger keine Hoffnung auf mehr Europäische Demokratie aus dieser Aktion schöpfen. Kommissionspräsident Barroso, und die Kommissare Barnier und Ševčovič verweigern sich einer klaren Antwort auf klare Wünsche, indem sie nun monatelang neue Fragen stellen. Die heute angekündigte Konsultation ist der Versuch, das Thema hinter die Europawahl zu verschleppen.
Wir Grünen werden das Thema jetzt in den Wahlkampf tragen. Die Konservativen in der Kommission haben gezeigt, dass ihnen der klare Wunsch von 1,9 Millionen EU-Bürgerinnen und Bürgern nicht genügt. Bei dieser Europawahl können nun alle Wahlberechtigten ein Zeichen für Wasser als Menschenrecht setzen. Wir Grüne wollen eine gesetzliche Verankerung des Menschenrechts auf Wasser und damit das deutliche Signal auszusenden, dass der Wille der Menschen in Europa ernst genommen wird, und sie die politische Agenda der EU aktiv mitgestalten können. Menschen, ob in Spanien, Griechenland oder andernorts in der EU, dürfen nicht mehr als Folge auch europäischer Sparpolitik von der Wasserversorgung abgeschnitten werden.”
Die Kommission hatte Wasser schon aus der Konzessionsvergaberichtlinie ausgeklammert. Eine Überprüfung ist aber schon angekündigt, wichtig wäre deshalb eine klare Selbstverpflichtung, keine weiteren Initiativen zur Privatisierung von Wasser zu starten. Auch bei einer Überarbeitung der Wasserrahmenrichtlinie.
Handelsverhandlungen sollen den Status Quo nicht verändern, sagt ein Satz der Mitteilung. Viel besser wäre eine Klarstellung im Verhandlungsmandat für TTIP, dass nicht nur die Wasserversorgung, sondern auch sanitäre Dienste nicht Richtung Privatisierung gedrängt werden sollen.
Die Kommission hat als Teil der Troika in Programmländern Druck zur Wasserprivatisierung gemacht. Das muss aufhören und eindeutig festgelegt werden.
Hintergrund:
Die Initiative „right2water“ (Recht auf Wasser) ist die erste erfolgreiche Bürgerinitiative in der Geschichte der EU. 1,9 Millionen Bürgerinnen und Bürger forderten die EU-Kommission im vergangenen Jahr auf, das Menschenrecht auf Wasser und sanitäre Grundversorgung gesetzlich zu verankern.
Bis zu ihrer Sitzung heute musste die EU-Kommission den 1,9 Millionen Bürgerinnen und Bürgern antworten. Durch die erfolgreiche Bürgerinitiative wurde die Europäische Kommission von den 1,9 Millionen Unterzeichnerinnen und Unterzeichnern direkt aufgefordert, die Wasserversorgung in Europa nicht unter Privatisierungsdruck zu bringen und den Zugang zu Wasser für alle zu sichern.
Die Grünen hatten letzte Woche eine Aktion zur Unterstützung der Wasserinitiative gestartet. Näheres dazu findet sich unter: http://www.gruene.de/meine-kampagne/rette-die-eu-wasserinitiative.html
Den Beschluss des Landesvorstands der NRW-Grünen „Wasser ist Menschenrecht! Keine Nötigung zur Wasserprivatisierung“ vom 16.2.2013 findet sich unter: http://www.gruene-nrw.de/details/nachricht/wasser-ist-menschenrecht-keine-noetigung-zur-wasserprivatisierung.html