Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,
ob Klimaschutz, Energiewende, Mobilitätswende oder Digitalisierung: Batterien werden immer mehr zu einer Schlüsseltechnologie für die großen Aufgaben des 21. Jahrhunderts. Doch nur nachhaltige Batterien können diesem Anspruch gerecht werden. Kritiker*innen weisen heute immer wieder auf die Umweltzerstörung und Menschenrechtsverletzungen hin, die mit der Herstellung vieler Batterien einhergehen. Diese Argumente sind heute nicht von der Hand zu weisen, denn zu häufig werden Batterien außerhalb Europas unter Zerstörung ganzer Ökosysteme sowie übler Ausbeutung der Arbeiter*innen hergestellt. Die Produktion von Batterien verbraucht viel Energie und Batterien werden an ihrem Lebensende noch zu selten recycelt.
Doch all das ist veränderbar! Im Europaparlament arbeiten wir an einer neuen EU-Batterieverordnung, um globale Maßstäbe für saubere Batterien zu setzen. Europa kann mit neuen Regeln zum CO2-Fußabdruck von Batterien und zum nachhaltigen Abbau von Rohstoffen die Richtung weisen. In Zukunft sollen alle Batterien soziale und ökologische Mindeststandards erfüllen. Die Plünderung von Umwelt, Ressourcen und Menschen wird damit eingeschränkt. Alle Batterien müssen hochwertig recycelt werden, um Ressourcen zu schonen und Europa unabhängiger zu machen von Rohstoffländern. Das ist eine Chance, die Batterieproduktion in Europa massiv auszubauen und damit Wettbewerbsfähigkeit zu steigern und Arbeitsplätze zu schaffen. Hohe Standards für Europas Batteriemarkt tragen zu sauberer Mobilität ‘Made in Europe’ bei. Diese Verordnung für grüne Batterien ist eine Chance die Akzeptanz der Elektromobilität dauerhaft zu stärken.
Die EU-Kommission hat einen starken Vorschlag für saubere Batterien vorgelegt. Doch um wirklich eine sichere und nachhaltige Kreislaufwirtschaft für alle Batterien auf dem europäischen Markt zu garantieren, muss der Vorschlag an entscheidenden Stellen verbessert werden. Stellvertretend für die grüne Fraktion habe ich nach vielen Gesprächen mit Unternehmen, Zivilgesellschaft und Wissenschaft mehr als 160 Änderungsanträge im Umweltausschuss eingereicht. Unsere wichtigsten Vorschläge möchte ich kurz vorstellen. Ausführliche Informationen zu allen Teilen der Batterieverordnung finden sich hier: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2021/10/Batterien-Hintergrund.pdf Neben dem Umweltausschuss stimmt der Binnenmarktausschuss federführend ab über die von den Herstellern auszuführende Feststellung, ob Batterien auf dem europäischen Markt den neuen Regeln entsprechen. Dort kümmert sich meine Kollegin Anna Cavazzini um das Thema für die Grüne Fraktion.
Starke Recyclingziele
Elektromobilität ist nur dann eine echte Alternative zu Verbrennern, wenn Autobatterien umweltschonend und sozial verantwortungsvoll hergestellt und wiederverwertet werden. Alle Autobatterien müssen hochwertig recycelt werden. Erstmals wird es spezielle Recyclingziele für Kobalt, Nickel, Kupfer, Blei und Lithium geben. Mit einer Recyclingpflicht können wir diese wertvollen Rohstoffe wiederverwerten. Die von der Kommission vorgeschlagenen Ziele liegen jedoch zum Teil weit unter dem, was heute schon technisch machbar ist. Insbesondere Lithium muss vollständig recycelt werden. Wir setzen uns deshalb dafür ein, die Recyclingziele für Lithium deutlich zu erhöhen. Die EU-Kommission schlug vor, ab 2026 30% des Lithiums in batterien zu recyceln (ab 2030: 70%). Wir wollen schon ab 2026 70% des Lithiums recyceln und ab 2030 mindestens 90%. Ähnliches gilt für die weiteren Rohstoffe. Auch hier schlagen wir – gemeinsam mit der sozialdemokratischen Berichterstatterin – vor, die Recyclingziele auf 95% und 98% zu erhöhen. In China sind Rückgewinnungsraten für Kobalt und Nickel von 98% bereits Teil der offiziellen Leitlinien der Regierung. Europa muss deshalb auch im international Vergleich mindestens mithalten. Mit echtem Recycling steigt nicht nur der Nutzen für die Umwelt, auch Europas Unabhängigkeit von den Rohstoffländern. Wir sollten der europäischen Industrie zutrauen, Batterien effizient zu recyceln. Denn viele Unternehmen machen es bereits vor.
Verbraucherinformationen
Verbraucherrechte werden erheblich gestärkt. Wir Grüne wollen mit einer klaren Kennzeichnung auf Gerätebatterien und leichte Verkehrsmittel Batterien über die Lebensdauer, Kapazität und Zahl der Ladezyklen, das Vorhandensein gefährlicher Substanzen und Sicherheitsrisiken informieren. Damit stärken wir den Vorschlag der EU-Kommission deutlich, der keine Kennzeichnung der Lebensdauer und Ladezyklen vorsieht. Wir Grüne schlagen eine neue farbliche Kennzeichnung für die Qualität und Lebensdauer von Haushaltsbatterien vor. So können Verbraucher*innen in Zukunft leicht hochwertige Batterien identifizieren.
Recht auf Reparatur
Batterien in Handys, Laptops, E-Bikes und ähnlichen Geräten sollen in Zukunft austauschbar und reparierbar sein, um die Lebensdauer der Produkte, in denen sie verbaut sind, zu verlängern. Ausnahmen von dieser Regel, wie im Vorschlag der Kommission vorgesehen, wollen wir streichen oder stark einschränken. Die Reparatur von Batterien in Geräten wollen wir Grüne mit klaren Regeln zu Ersatzteilen, Werkzeugen und Reparaturanleitungen für alle Verbraucher*innen ermöglichen. Damit setzen wir klare Regeln und setzen das Recht auf Reparatur konsequent um. Neu ist auch unsere Vorschlag, die Reparatur und den Austausch Batterien in E-Autos und industrielle Batterien, wie zum Beispiel Speicher für Solarenergie, zu vereinfachen. Dieser Punkt war nicht vom Kommissionsvorschlag abgedeckt. So wird auch sichergestellt, dass Recycler diese großen Batterien auseinandernehmen können, um an die wertvollen Rohstoffe in den Zellen zu gelangen.
Klimaschutz
Der CO2-Fußabdruck großer Batterien (z.B. in E-Autos und Solarspeichern) muss in Zukunft ausgewiesen werden. Die EU wird einen maximalen Fußabdruck festlegen, den in Europa verkaufte Batterien nicht überschreiten dürfen. Damit setzen wir Standards für die nachhaltige Produktion auf der ganzen Welt. Wir Grüne fordern, den CO2-Fußabdruck für alle E-Autos, leichte Verkehrsmittel (E-Bikes, E-Roller etc) und Industriebatterien (z.b. Solarspeicher) einzuführen. Die EU-Kommission hat Ausnahmen für kleinere Batterien unter einer gewissen Kapazität vorgeschlagen. Dies lehnen wir ab, um gleiche Bedingungen für alle Hersteller zu schaffen und Verunsicherung der Verbraucher*innen zu vermeiden. Die Einführung des maximalen CO-2 Fußabdrucks wollen wir um ein Jahr vorziehen, damit möglichst bald saubere Batterien auf dem Markt sind.
Sorgfaltspflichten entlang der Lieferkette
Erstmals wird es Mindestanforderungen für nachhaltigen und sozial verantwortungsvollen Abbau von Rohstoffen für Batterien geben. Insbesondere bei der Produktion der wichtigen Rohstoffe Kobalt, Lithium, Graphit und Nickel kommt es häufig zur Zerstörung ganzer Ökosysteme sowie zu übler Ausbeutung der Arbeiter*innen. Um dies zu verhindern, sollen Batteriehersteller in Zukunft ein System von Kontrollen und Transparenz entlang der Lieferkette einrichten. Bei möglichen Risiken für Menschen oder die Umwelt müssen die Hersteller Strategien entwickeln und umsetzen, um negative Auswirkungen zu verhindern oder zu mildern. Batterien sind damit eines der ersten Produkte in der EU, für die strenge Regeln entlang der Lieferkette gelten. Die EU-Kommission schlägt dies für Batterien in Elektroautos und industriellen Anwendungen über einer Kapazitätsgrenze vor. Wir Grüne wollen die Sorgfaltspflicht entlang der Lieferkette auf alle Batterien auf dem europäischen Markt ausweiten.
Der Vorschlag für eine neue Verordnung muss jetzt von Europaparlament und Rat der Mitgliedsländer beschlossen werden, bevor er in Kraft treten kann. Die neuen Regeln für Batterien werden die seit 2006 geltende EU-Batterierichtlinie ersetzen. Eine Übertragung in nationales Recht ist dann nicht mehr nötig. Die Abstimmung im federführenden Umweltausschuss des Europaparlaments findet im Januar 2022 statt, im Februar legt das Parlament im Plenum seine Position für die Verhandlungen mit dem Rat fest.
Deshalb gilt es jetzt, für einen ambitionierten Beschluss des Umweltausschusses zu kämpfen. Doch es zeichnen sich schon erste ernsthafte Konflikte mit dem Rat der Mitgliedstaaten ab. Denn die nationalen Regierungen sind in vielen Punkten deutlich weniger ambitioniert. Sie wollen den CO2-Fußabdruck um Jahre nach hinten verschieben, erhöhte Sammlungsziele für Batterien ausbremsen und die Sorgfaltspflichten nur auf einen eng begrenzten Teil aller Batterien anwenden. Umso wichtiger ist es, dass das Parlament mit einer guten Position in die Verhandlungen geht. Dafür werden wir Grüne uns weiter einsetzen.
Mit grünen europäischen Grüßen
Sven Giegold
P.S.: Jetzt unterschreiben: “Super-GAU für Europas Energiewende: Stoppt das Greenwashing von Atomkraft und Gas!” – Auf Druck von Macron & der Atom- und Gaslobby planen Ursula von der Leyen und Frans Timmermans Investitionen in Atomkraft und Gas als nachhaltig zu labeln. Und das noch schnell, bevor die neue Bundesregierung steht. Das ist ein Frontalangriff auf die Energiewende. Helft mit Eurer Unterschrift das zu verhindern: https://www.change.org/keine-atomkraft
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Ausführliches Hintergrundbriefing: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2021/10/Batterien-Hintergrund.pdf