Am Freitag wird Mario Draghi für seine Präsidentschaft in der Europäischen Zentralbank (EZB) das Bundesverdienstkreuz verliehen. Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
“Mario Draghi hat die Auszeichnung verdient. Es war Draghis mutige Geldpolitik, die den Euro in der Finanzkrise rettete. Der Aufkauf von Staatsanleihen war rechtens, weil die EZB damit ihr Mandat für Preis- und Finanzstabilität erfüllte. Die instabilste Währung ist eine kollabierende Währung. Ein stabiler Euro ist im europäischen und damit auch besonders im deutschen Interesse. Die expansive Geldpolitik Draghis war nötig, weil die Regierungen der Euroländer ihre Arbeit nicht gemacht hatten. Die Euroländer haben es bis heute versäumt, die Eurozone mit gemeinsamer Wirtschafts- und Finanzpolitik zu stützen und durch Reformen krisenfest zu machen. Für viele deutsche Politiker war Draghi stets der perfekte Sündenbock. Dabei war er vor allem der Ausputzer für die Tatenlosigkeit der Regierungen. Nur eine starke gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euroländer würde der EZB eine Alternative zur laxen Geldpolitik eröffnen. Es ist monetärer Populismus, wenn die Regierungen der EZB den schwarzen Peter zuschieben statt selbst zu handeln. Deswegen war die Kritik an Draghi oftmals auch ein unfaires Ablenkungsmanöver. Insbesondere von der Bundesregierung müssen mehr Akzente für eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik der Eurozone kommen. Das stünde der Bundespolitikern besser zu Gesicht als Kritik an der EZB, deren Geldpolitik so unabhängig ist wie Helmut Kohl es in Anlehnung an die Bundesbank forderte.
Aber Draghi ist nicht frei von Kritik: Mit seiner Mitgliedschaft in der ‘Group of Thirty’ hat Draghi die Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit der EZB aufs Spiel gesetzt. Empfehlungen der EU-Bürgerbeauftragten, die Mitgliedschaft zu beenden, hat er ignoriert. Es war schlicht unverschämt, dass sich Draghi bei dieser ethischen Frage über die Bürgerbeauftragte erhoben hat. Es ist gut, dass mit Christine Lagarde nun zum ersten Mal eine Frau an der Spitze der EZB steht. Die Bankenwelt ist immer noch stark männerdominiert. Eine grünere Geldpolitik und Klimarisiken für die Finanzstabilität gehören ins Zentrum von Lagardes Amtszeit. In Zeiten der Klimakrise kann eine im Rahmen ihres Mandats ökologisch engagierte EZB einen Unterschied machen. Die Bundesregierung sollte Lagarde in ihren Anstrengungen für eine nachhaltige Geldpolitik unterstützen.”