Eine neue investigative Recherche von Al Jazeera zeigt, wie hochrangige zypriotische Politiker, Anwälte und Immobilienfirmen in den Verkauf von EU-Pässen an vorbestrafte Nicht-EU-Staatsbürger verstrickt sind. Die Enthüllungen sind Teil des Leaks “The Cyprus Papers”, das 1.400 Dokumente enthält. Zypern unterhält Programme zum Erwerb von Aufenthaltsgenehmigungen und Staatsbürgerschaften durch Investitionen oder Immobilienkäufe. Diese Programme ziehen Kriminelle und verurteilte Straftäter aus der ganzen Welt an und befördern Geldwäsche. Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
“Die Enthüllungen zeigen eine skrupellose mafiöse Subkultur in einem EU-Mitgliedsstaat. Der Verkauf von EU-Pässen ist ein eklatanter EU-Rechtsbruch. Wie bereitwillig zypriotische Politiker daran mitwirken, EU-Pässe selbst an Kriminelle zu verkaufen, ist schockierend. Hier geht es um nicht das Fehlverhalten Einzelner, sondern jahrelang gewachsene mafiöse Strukturen. Schon seit Jahren wird Kriminellen, Korrupten und Straftätern samt ihrem Vermögen in Zypern ein Unterschlupf gewährt. Diese Praxis gefährdet die innere Sicherheit in Europa. Das europäische Anti-Geldwäsche-Recht steht in Zypern zwar im Gesetzbuch doch die Wirklichkeit sieht ganz anders aus.
Die Verstrickung hochrangiger zypriotischer Politiker erfordert Konsequenzen. Die EU-Kommission muss schleunigst ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Zypern einleiten. Bisherige Ankündigungen der EU-Kommission wurde noch nicht umgesetzt. Die EU-Kommission darf nicht länger warten. In der zypriotischen Politik ist etwas faul, deshalb muss weiteren Maßnahmen erfolgen. Zypern sollte auf die internationale Liste der Geldwäsche-Staaten gesetzt werden. Im Bereich der Geldwäsche und Finanzkriminalität muss man Zypern als nicht-kooperativen Staaten betrachten. Immerhin zeigen die Enthüllungen auch, dass es im zypriotischen Bankensektor Fortschritte im Kampf gegen Geldwäsche gibt: Während Politiker mit Kriminellen bereitwillig kooperieren, ist die Kontoeröffnung die zentrale Hürde. Zypern ist nicht das einzige EU-Land, das dem Verkauf von Pässen und Visa betreibt. Auf Malta gibt es ähnliche Strukturen. Neben Malta und Zypern sollte die EU-Kommission auch den Blick auf die Investorenprogramme von Bulgarien, Portugal und weiteren Mitgliedstaaten richten. Der Verkauf von Pässen und Visa widerspricht der Pflicht aller EU-Mitgliedsländer vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Langfristig braucht es ein Verbot von käuflichen Bürgerrechten in ganz Europa, wie vom Europaparlament gefordert.”
Bericht von Al Jazeera: https://www.aljazeera.com/news/2020/10/12/cypriot-politicians-implicated-in-plan-to-sell-criminals-passport
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