Das Europaparlament hat heute eine weitreichende Gesetzgebung zur Energieeffizienz angenommen. Der Berichterstatter, der grüne Europaabgeordnete Claude Turmes, erklärt dazu:
„Die EU hat heute bewiesen, dass sie zu zukunftsweisender Klimaschutz- und Energiepolitik entschlossen ist. Die neue Richtlinie ist ein wichtiger Beitrag zur Ankurbelung unserer Wirtschaft und entscheidend, um unsere Abhängigkeit von Energieeinfuhren zu reduzieren und Energie langfristig erschwinglich zu halten. Energieimporte machten im Jahre 2011 rund 500 Milliarden Euro aus, vier Prozent des BIP der EU. Besonders die Krisenstaaten sind durch hohe Energieimporte in ihrer wirtschaftlichen Entwicklung gelähmt.
Damit die Richtlinie wirkt, muss jetzt entschlossen an der Umsetzung gearbeitet werden. Zudem müssen auch auf anderen Ebenen neue Rahmenbedingungen gesetzt werden: Der EU-Haushalt und die Strukturfonds müssen einen Schwerpunkt auf die Förderung der Energieeffizienz legen. Zudem muss über die Europäische Investitionsbank (EIB) und Projektbonds eine Anschubfinanzierung gesichert sein. Wichtig ist auch ein europaweites Ausbildungsprogramm im Bereich der Energiesanierung anzustoßen, dass auch den zahllosen jugendlichen Arbeitslosen eine Chance zum Einstieg in den Arbeitsmarkt bietet.
Mit der Umsetzung dieser Richtlinie rückt die EU näher an ihr Fernziel heran, bis zum Jahre 2020 20 Prozent Energie einzusparen (1). Dennoch reichen die beschlossenen Maßnahmen nicht aus, das Ziel zu erreichen. Die EU-Kommission muss Farbe bekennen, wie sie die Lücke zwischen den 15 Prozent Einsparungen, die durch die Richtlinie erreicht werden sollen und den angestrebten 20 Prozent, schließt.
Ich bedaure, dass die deutsche Bundesregierung bei dieser Richtlinie eine besonders negative Rolle gespielt hat: Wirtschaftsminister Rösler hat bis zuletzt versucht, die Auflagen der Richtlinie zu verwässern und damit den Gegnern von konkreten Klimaschutzmassnahmen in die Hände gespielt. Das Ministerium versuchte letztlich sogar auf die deutsche Übersetzung der Richtlinie einzuwirken: In einem peinlichen Manöver wurde versucht, die deutsche Übersetzung der Richtlinie in zwei wichtigen Punkten abzuschwächen, was aber letztlich scheiterte. Das ist ein ziemlich einmaliger Vorgang im Gesetzgebungsverfahren und offenbart einen sehr bedenklichen politischen Stil. Diese Blockadetaktik steht auch der einstigen ‚Klimakanzlerin‘ Merkel sehr schlecht zu Gesicht. Sie darf sich bei der Umsetzung der Richtlinie auf keinen Fall wiederholen.“
Anmerkungen:
1) Die Gesetzgebung beinhaltet eine Reihe von konkreten Maßnahmen, die zu Energieeinsparungen führen werden: Mitgliedstaaten müssen einen Fahrplan vorlegen, wie sie bis zum Jahre 2050 80 Prozent Energie im Gebäudebereich einsparen. Energieunternehmen werden dazu verpflichtet, 1,5 Prozent Verbrauch jährlich in allen Verbrauchssparten einzusparen. Zudem wurden die Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, neue Finanzinstrumente im Bereich der Energieeffizienz aufzulegen, die Information der Verbraucher über ihren realen Energieverbrauch zu verbessern und einen Markt das Verbrauchsmanagement zu fördern.
Der Berichtstext lässt sich hier abrufen: http://www.europarl.europa.eu/sides/getDoc.do?pubRef=-//EP//NONSGML+REPORT+A7-2012-0265+0+DOC+PDF+V0//DE
Eine Hintergrundpapier gibt es hier: Debriefing TURMES report – energy efficiency Directive – final