Nach zahlreichen großen Geldwäscheskandalen kommt jetzt der EU-Vorschlag für eine gemeinsame Bekämpfung der Geldwäsche in ganz Europa samt einer Geldwäsche-Behörde! Uns liegen interne Dokumente der Europäischen Kommission zu ihren geplanten Gesetzesnovellen gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung vor. Das Gesetzespaket umfasst demnach vier Vorschläge:
- Die wichtigsten Bestimmungen der bestehenden Anti-Geldwäsche-Richtlinien werden in eine Verordnung überführt und um detailliertere Vorgaben erweitert. Damit gelten in der EU mit in Kraft treten der neuen Verordnung einheitliche Standards gegen Geldwäsche. Im Gegensatz zu einer Richtlinie muss eine Verordnung nicht erst in nationales Recht überführt werden.
- Die bestehende vierte EU-Anti-Geldwäsche-Richtlinie und ihre Erweiterung aus dem Jahr 2018 (AMLD5) werden aufgehoben und durch eine neue Richtlinie ersetzt. Diese Richtlinie wird sich mit den Themen befassen, die nicht mit der Verordnung unter Punkt 1 abgedeckt sind. Die Vorgaben gehen in vielen Punkten über die bestehenden Richtlinien hinaus.
- Es wird eine Anti-Geldwäsche-Behörde in der EU eingerichtet. Der Entwurf dieser Verordnung sieht eine neuartige Leitungsstruktur vor, die die Unabhängigkeit der neuen EU-Aufsicht gegenüber den Interessen der Mitgliedstaaten stärkt.
- Die dritte Verordnung im Gesetzespaket der Kommission reguliert die Anbieter von Krypto-Assets wie Bitcoin und Co. Damit werden die Sorgfaltspflichten, die bereits für Banküberweisungen Gang und Gäbe sind, auf Krypto-Assets ausgeweitet.
Die Vorschläge sollen von der EU-Kommission am 20. Juli beschlossen werden. Sie brauchen dann die Zustimmung von Europaparlament und dem Rat der Mitgliedsländer.
Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament, erklärt:
“Die Vorschläge der EU-Kommission sind ein großer Fortschritt gegen Geldwäsche. Das Vorhaben stärkt unseren europäischen Binnenmarkt gegen organisierte Finanzkriminalität. Unser jahrelanger Einsatz für wirksame Mittel gegen die organisierte Kriminalität zahlt sich jetzt aus. Mit den geplanten Verordnungen würde eine gemeinsame Gesetzesgrundlage und eine effektive Anti-Geldwäsche-Aufsicht in Europa geschaffen werden. Das Paket ist geeignet, die nötigen einheitlichen Standards gegen Geldwäsche in Europa zu schaffen. Der Vorschlag ist auch ein weiterer großer Schritt für die europäische Einigung. Nach der gemeinsamen Bankenaufsicht und der EU-Staatsanwaltschaft kommen wir dem geeinten Europa mit gemeinsamen starken Institutionen wieder ein Stück näher.
Die EU-Kommission adressiert bekannte Schwachstellen bei der Geldwäschebekämpfung und schlägt ambitionierte Lösungen vor. Diese geplanten Maßnahmen dürfen aber nicht die Umsetzung bestehender Regeln weiter verzögern. Wir brauchen einen Null-Toleranz-Politik der EU-Kommission gegenüber den Umsetzungsdefiziten von Anti-Geldwäsche-Regeln durch die Mitgliedsstaaten. Einheitliche Standards sind nur dann etwas wert, wenn die EU-Kommission deren lückenlose Anwendung in ganz Europa mit Hilfe von Vertragsverletzungsverfahren sicherstellt. Denn auch in Zukunft wird der Löwenanteil der Aufsichtstätigkeit in den Mitgliedsstaaten und Regionen stattfinden. Dieses Gesetzespaket muss für einen neuen Geist in der EU-Kommission sorgen. Im Aktionsplan der Kommission vom letzten Jahr stand die Durchsetzung von EU-Recht an erster Stelle. Davon ist in der Praxis immer noch zu wenig zu spüren.
Mit der Gründung einer EU-Behörde erfüllt die EU-Kommission eine jahrelange Forderung der Grünen. Für mich persönlich ist das ein großer Erfolg nach jahrelangem Einsatz für konsequente gemeinsame Bekämpfung der Finanzkriminalität durch die EU. Mit der neuen Anti-Geldwäsche-Behörde bekommen wir eine effektive Aufsicht auf EU-Ebene. Die neue EU-Aufsicht kann die Kontrolle von Banken direkt an sich ziehen, wenn ein hohes Geldwäscherisiko besteht. Die vorgesehene Leitungsstruktur ist ein großer Fortschritt verglichen mit der Struktur anderer Europäischer Aufsichtsbehörden: Der sechsköpfige Vorstand soll ausschließlich mit unabhängigen Experten besetzt werden. Damit stehen die gemeinsamen Interessen der EU im Vordergrund und der Einfluss der Mitgliedstaaten ist begrenzt. Das ist wichtig, denn ein konsequentes Vorgehen gegen Geldwäsche ist oft unbequem für die Aufsichtsbehörden in den Mitgliedstaaten. Für unseren Rechtsstaat ist es von entscheidender Bedeutung, dass er nicht von Kriminellen mit gewaschenem Geld unterwandert werden kann. Der Anschlag auf den Investigativjournalisten Peter de Vries ist ein erschütterndes Beispiel dafür. Allerdings wird die neue Behörde nur im Finanzsektors einschreiten können, nicht aber bei Juwelieren oder Kunsthändlern. Auch hier ist das Geldwäscherisiko mitunter groß.
Neben der Geldwäscheaufsicht muss auch die Strafverfolgung in Zukunft europaweit besser koordiniert werden. Die Einziehung von Geldern und die Verurteilung von Kriminellen geht immer noch viel zu schleppend voran. Wir Grünen fordern daher die Einrichtung eines europäischen Kriminalamts. Das wäre der nächste große Schritt.
Die Vorschläge enthalten richtigerweise auch ein Limit für die Bezahlung mit Bargeld über 10.000 Euro. 99% der Bürger*innen ist davon nicht betroffen. Bargeld ist ein Stück Datenschutz, das niemand abschaffen will. Doch sehr hohe Bargeldtransaktionen befördern Finanzkriminalität und sind daher in den meisten EU-Ländern bereits beschränkt. Gemeinsame Mindeststandards in allen EU-Ländern ergeben Sinn und schützen auch die Nachbarländer.”
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