Beim heutigen Gipfel von Frankreich, Italien, Spanien und Deutschland sowie beim EU-Gipfel an diesem Donnerstag und Freitag wird es auch um Pläne zu einem Europa mehrerer Geschwindigkeiten gehen. In weiteren Politikfeldern ist zu erwarten, dass nur ein Teil der 27 verbleibenden EU-Länder ihre Zusammenarbeit vertiefen wollen. In der Bundesregierung wird daran gearbeitet, den intergouvernementalen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zu einem Europäischen Währungsfonds auszubauen. Den Vorstoß der Bundesregierung kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europäischen Parlament, kommentiert:
“Die Bundesregierung plant einen Schlag gegen die europäische Demokratie. Was zunächst nach mehr Europa klingt, ist in Wahrheit eine Schwächung der EU-Institutionen. Die Bundesregierung will den europäischen Währungsfonds allein den nationalen Regierungen unterstellen und damit Europaparlament und EU-Kommission entmachten. Beim ESM soll damit eine Doppel-Bürokratie zur EU-Kommission geschaffen werden, um die Reformprogramme von Mitgliedsländern auszuarbeiten und zu überwachen. Im Rat der EU-Mitgliedsländer betreibt die Bundesregierung damit die Untergrabung der EU-Institutionen. Zwar muss die Gewährung von Finanzhilfen für einzelne Euro-Länder von den einzelnen Staaten entschieden werden, es gibt aber keinen Grund Europaparlament und EU-Kommission bei einem europäischen Währungsfonds außen vor zu lassen. Wie die Regelungen zur Bankenabwicklung der EU zeigen, sind auch gemischte Lösungen zwischen Mitgliedsstaaten und Europäischen Institutionen möglich, die die Rechte des Europaparlaments und der EU-Kommission sichern.
Die EU-Kommission darf diesen Plänen nicht tatenlos zusehen. Jean-Claude Juncker und Pierre Moscovici sind in der Pflicht einen Gesetzesvorschlag vorzulegen, der einen Europäischen Währungsfonds im Rahmen der Gemeinschaftsmethode auf den Weg bringt. Das Europaparlament hat bereits mit breiter Mehrheit klargemacht, dass es alle weiteren Schritte zu mehr Europa im Rahmen der Gemeinschaftsmethode will. Die EU-Kommission hat es nun in der Hand, diese Position stark zu machen.
Die Pläne der Bundesregierung sind ein europapolitischer Lackmustest für Martin Schulz. Wenn Schulz tatsächlich ein begeisterter Europäer ist, dann muss er den Angriff der Bundesregierung auf die EU-Institutionen zurückweisen. Schulz muss auch als SPD-Kanzlerkandidat die europäische Demokratie verteidigen, wie er es als Parlamentspräsident erfolgreich getan hat.”