Sven Giegold

EU-Umweltausschuss stimmt für saubere Luft: Wir fordern schärfere Grenzwerte und schnellere Vertragsverletzungsverfahren

Luft Verschmutzung Air pollution

Der EU-Umweltausschuss beschloss am heutigen Donnerstag einen starken Bericht zur Umsetzung der EU-Gesetzgebung zur Luftqualität. Eine progressive Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken (43 Stimmen dafür, 33 dagegen, 3 Enthaltungen) beschloss ambitionierte Forderungen für saubere Luft. Dieses erfreuliche Ergebnis wurde vom sozialdemokratischen Berichterstatter Javi López aus Spanien mit der liberalen Frédérique Ries aus Belgien, der Linksfraktion und Grünen ausgehandelt. Für die Grünen war ich federführend am Verhandlungstisch. Das Endergebnis spiegelt die vorangegangen Versuche der Christdemokrat*innen, angeführt von Norbert Lins, CDU Baden-Württemberg, und Rechtskonservativen wider, die Ambition des Berichts deutlich zu senken. Die Christdemokrat*innen stimmten mit großer Mehrheit gegen den Bericht. Auch der einzige FDP-Abgeordnete im EU-Umweltausschuss stimmte gegen den Bericht und damit gegen seine liberale Fraktion. 

Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa. Dennoch gab es im Umweltausschuss des Europaparlaments lange keine klaren Mehrheiten für einen besseren Schutz unserer Gesundheit und zur konsequenten Durchsetzung von EU-Recht. In einigen Schlüsselfragen konnten keine Kompromisse gefunden werden. Insbesondere die Frage, ob bestehende Gesetze verbessert und Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft gesenkt werden sollten, spalteten den Ausschuss. Im Kern geht es um strengere Grenzwerte für Feinstaub, Stickstoffdioxid und Ammoniak und neue Regeln für Mikroplastik und Ruß. Flugverkehr, Industrieanlagen, Massentierhaltung in der Landwirtschaft, Reifenabrieb im Straßenverkehr und Holzheizungen sind besonders verantwortlich für diese Schadstoffe. Eine Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken für ambitionierte Ziele stand einer Koalition aus Christdemokrat*innen, Rechtskonservativen und Rechtsradikalen gegenüber. 

Die Luft ist fast überall schlechter als EU-Gesetze es erlauben. Teilweise werden EU-Grenzwerte gebrochen, die seit 2005 eingehalten werden müssen – aber Konsequenzen sind selten und zu langsam. Obwohl gegen 18 Mitgliedstaaten Vertragsverletzungsverfahren laufen, wurden noch keinem Land finanzielle Strafen auferlegt. Aber Grenzwerte werden weiter jeden Tag überschritten. Der Umweltausschuss fordert deshalb heute schnellere Vertragsverletzungsverfahren, die unter anderem auch Deutschland treffen würden. Deutschland setzt seit 2010 jedes Jahr mehr Ammoniak in die Luft frei, als EU-Recht es erlaubt. In Deutschland ist die Massentierhaltung und Düngung in der industriellen Landwirtschaft verantwortlich für mehr als 90% aller Ammoniakemissionen, die zu gesundheitsschädlichem Feinstaub führen. Davon sind besonders Menschen in ländlichen Regionen betroffen. 

Das Europaparlament kontrolliert regelmäßig die Umsetzung von EU-Recht in den Mitgliedstaaten und beschließt, wenn nötig, Empfehlungen zur besseren Durchsetzung. Diese Empfehlungen sind rechtlich nicht bindend, erklären aber die Positionen des Parlaments im Hinblick auf bereits angekündigte Überarbeitungen der EU-Luftqualitätsrichtlinie und der Richtlinie über Industrieemissionen. Damit hat der Bericht gute Chancen, europäisches Recht und seine Durchsetzung zu verändern. Der Bericht zur Luftqualität wird am 24/25 März vom Plenum des Europaparlaments final angenommen werden. Es wird dann sicher neue Versuche geben, den nun im Umweltausschuss gefassten Beschluss abzuschwächen.

Sven Giegold, Verhandlungsführer für die Fraktion Grüne/EFA und Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, erklärt:

“Der EU-Umweltausschuss stimmt für saubere Luft. Wir können 400.000 Tote nicht einfach akzeptieren. Es ist ein Armutszeugnis, dass die Luft in Europa weiterhin so schlecht ist. Die EU-Kommission muss endlich ernst machen im Kampf gegen Luftverschmutzung. Neue Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und andere EU-Länder sind lange überfällig. Wo Verfahren schon eröffnet sind, muss die Kommission diese schneller zu einem Abschluss vor dem Europäischen Gerichtshof bringen.

Das Gift in der Luft muss ein Ende haben. Die Ambition eines Europas mit Null-Schadstoffen ist heute in weiter Ferne. Es benötigt ein drastisches Umsteuern in Industrie, Verkehr und Landwirtschaft. Dafür legen wir mit dem heutigen Beschluss den Grundstein. Das Europaparlament stellt heute klare Forderungen zur Reduzierung der Emissionen der Industrie. Ausnahmen für Kohlekraftwerke und Zementwerke sollen bald ein Ende haben. Neue Grenzwerte für Ultrafeinstaub werden besonders Menschen in der Nähe eines Flughafens zu Gute kommen. Völlig unreguliert entstehen jedes Jahr zehntausende Tonnen Mikroplastik durch Reifenabrieb im Straßenverkehr. Der Umweltausschuss fordert neue Regeln zum Schutz vor diesen Schadstoffen. Ich bin froh, dass der Umweltausschuss heute den Empfehlungen der Wissenschaft gefolgt ist. Damit senden wir ein starkes Signal an die EU-Kommission und die Regierungen der Mitgliedstaaten für saubere Luft und die EInhaltung von EU-Recht überall. 

Das deutliche Ergebnis der Schlussabstimmung täuscht über die vielen Versuche der Christdemokraten und Konservativen hinweg, die Ambition des Parlaments deutlich zu senken. Es spricht Bände, wenn Vertreter von CDU/CSU sich nicht auf Minimalkompromisse zum Schutz unserer Gesundheit einlassen können. Ich freue mich, dass dennoch eine ambitionierte Mehrheit im EU-Umweltausschuss für saubere Luft gestimmt hat.”

P.S.: Einladung: Europe Calling “Tierleid ohne Ende? Wie wir ein Europe ohne Tierquälerei errechen” am Mittwoch, 10. März um 19 Uhr. Über 7.500 Millionen Tiere werden in Europas Landwirtschaft nicht artgerecht gehalten. Das ist unerträglich! Aber über nationales und europäisches Recht können wir Tierleid und Quälerei beenden. Darüber diskutieren wir mit den Expertinnen Zoe Mayer und Madeleine Martin. Gleich hier Anmelden: https://us02web.zoom.us/webinar/register/3216148757723/WN_eImTkMVlQVyli6ciWePieQ

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Link zu den beschlossenen Kompromissen (nur auf Englisch verfügbar): https://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2014_2019/plmrep/COMMITTEES/ENVI/DV/2021/03-03/1224489EN_final_CA_corr_EN.pdf

Hintergrund

Luftverschmutzung ist das größte umweltbedingte Gesundheitsrisiko in Europa. Mehr als 400.000 Menschen sterben jedes Jahr vorzeitig an den Folgen von Luftverschmutzung in Europa, in Deutschland sind es allein mehr als 70.000 pro Jahr. Hauptursache ist die hohe Feinstaubbelastung, an der allein rund 379.000 Menschen im Jahr sterben. Feinstaub entsteht in vielen industriellen Prozessen, im Straßenverkehr und in der Landwirtschaft, wenn Ammoniak in der Luft mit anderen Schadstoffen zu gefährlichem Feinstaub reagiert. Auch Stickstoffdioxid und Ozon sind verantwortlich für zehntausende vorzeitige Todesfälle jedes Jahr. Stickstoffdioxid wird vor allem im Straßenverkehr ausgestoßen. 

Die EU setzt Grenzwerte für die gefährlichsten Schadstoffe. Doch die Durchsetzung ist völlig unzureichend. In einer Vielzahl von Fällen werden die EU-Grenzwerte nicht eingehalten. So berichtet die Europäische Umweltagentur, dass 19% der Messstationen in der EU Konzentrationen über dem Feinstaub-Tagesgrenzwert verzeichneten. Weite Teile der städtischen Bevölkerung der EU lebt in Gebieten mit Schadstoffkonzentrationen, die mindestens einen EU-Luftqualitätsstandard überschreiten.

Zurzeit laufen 31 Vertragsverletzungsverfahren gegen 18 Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der Umsetzung der Luftqualitäts-Richtlinie, die unter anderem Grenzwerte für Feinstaub und Stickstoffdioxid festlegt. Einige dieser Vertragsverletzungsverfahren sind seit 2009 anhängig. Trotzdem bestehen flächendeckend Überschreitungen der Schadstoffkonzentrationen in den Mitgliedstaaten. Gegen Deutschland läuft bereits seit 2015 ein Verfahren wegen der kontinuierlichen Überschreitung der Stickstoffdioxidgrenzwerte in vielen Städten. Stickstoffdioxid entsteht vor allem bei der Nutzung von Dieselfahrzeugen im Straßenverkehr. Auch sechs Jahre nach Aufdeckung des Dieselskandals sind immer noch 50 Millionen Fahrzeuge auf europäischen Straßen unterwegs, die bis zu 20mal über den gesetzlichen Grenzwerten emittieren können und zu Stickstoffdioxid-Überschreitungen in mehr als 130 Städten in der EU beitragen.

Die Umsetzung der zweiten Säule der EU-Luftstandards ist noch schlechter. Die Richtlinie über nationale Emissionen von Schadstoffen (“NEC”-Richtlinie) legt nationale Emissionsreduktionsverpflichtungen für Schwefeldioxid, Stickstoffoxide, Ammoniak und Feinstaub fest. Diese Ziele gelten seit 2010. Doch die Richtlinie ist nicht nur von vielen Ländern mangelhaft umgesetzt. Die Kommission hat auch seit 2010 nicht ein einziges Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Deutschland hat seine jährlichen Ammoniak-Emissionsziele in keinem Jahr seit 2010 erreicht. Jedes Jahr emittieren wir weit mehr Ammoniak als EU-Recht erlaubt – und gefährden damit Millionen Menschen. In Deutschland ist die Massentierhaltung und Düngung in der industriellen Landwirtschaft verantwortlich für mehr als 90% aller Ammoniakemissionen, die zu gesundheitsschädlichem Feinstaub führen. Davon sind besonders Menschen in ländlichen Regionen betroffen. 

Laut Europäischer Umweltagentur zeigen vorläufige Studien, dass Luftverschmutzung zu mehr und schwereren COVID-19 Fällen führen kann. Die Belastung durch Luftverschmutzung ist mit Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen verbunden, die als Risikofaktoren bei COVID-19-Patienten identifiziert wurden. Gleichzeitig gibt es erste Hinweise, dass Feinstaub als physikalischer Träger des Virus fungieren kann und so die Übertragung des Coronavirus beschleunigt.

Kern der Kontroverse 

  • Mehr und schnellere Vertragsverletzungsverfahren zur besseren Durchsetzung von EU-Recht

Da der Großteil der Mitgliedstaaten die bestehenden Gesetze nur mangelhaft durchsetzt, ist es an der EU-Kommission als Hüterin der Verträge, Vertragsverletzungsverfahren gegen diese Mitgliedstaaten zu führen. Grüne und Liberale haben deshalb gemeinsame Änderungsanträge eingebracht, mit konkreten Forderungen an die EU-Kommission. Wir fordern von der Kommission unter anderem, Vertragsverletzungsverfahren gegen alle Mitgliedstaaten zu eröffnen, die seit 2010 die nationalen Emissionsziele nicht einhalten. Dazu zählt insbesondere Deutschland, das seit die Richtlinie über nationale Emissionsziele im Jahr 2010 in Kraft trat nicht ein einziges Mal seine jährlichen Ammoniak-Emissionsziele erreicht hat. Deutschland wird ohne zusätzliche Maßnahmen auch in den nächsten zehn Jahren weiter gegen die Regeln verstoßen. Das deutsche nationale Luftreinhalteprogramm ist völlig unzureichend. Deutschland – und 14 weitere Mitgliedstaaten – werden die Ammoniak-Ziele bis 2030 nicht einhalten und so weiter riesige Mengen gefährlichen Feinstaubs produzieren.  Um diese Verfahren möglichst schnell und konsequent zu führen, fordern wir von der EU-Kommission mehr Personal und finanzielle Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Für diese Positionen erhielten wir Unterstützung der Sozialdemokrat*innen und Teilen der Linken. 

Christdemokrat*innen, Rechtspopulisten, Rechtsradikale und Teile der Linken konnten diese Forderungen nicht unterstützen. Sie stellten sich also ganz eindeutig gegen die grundlegendsten Verbesserungen der mangelhaften Durchsetzung von EU-Recht. 

  • Neue und schärfere Grenzwerte für Schadstoffe, um Bevölkerung besser zu schützen

Selbst bei kompletter Umsetzung aller EU-Regeln zur Luftqualität, wären wir weiterhin gefährlichen Schadstoffen ausgesetzt. Es gibt derzeit eine große Diskrepanz zwischen den von der Weltgesundheitsorganisation WHO empfohlenen Höchstwerten und den aktuell geltenden  EU-Normen- Für Schwefeldioxid- und Feinstaub-Konzentrationen empfiehlt die WHO sechs bzw. zwei Mal niedrigere Grenzwerte als zurzeit in Europa existieren. Dieses Versäumnis der EU, ein hohes Schutzniveau für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu gewährleisten muss korrigiert werden. Sozialdemokraten, Liberale, Grüne und Linke fordern deshalb, die EU-Grenzwerte an die Empfehlungen der WHO anzupassen. Wissenschaftliche Erkenntnisse sollen die Basis für Gesetze der EU sein. Christdemokrat*innen und Rechtskonservative scherten im letzten Moment aus einem gefundenen Kompromiss aus. Ihre Position ist, dass es nur eine “engere Angleichung” an die Empfehlungen der WHO geben soll. Damit gäbe es weiter die Möglichkeit, Grenzwerte ein Vielfaches über dem Stand der Wissenschaft festzulegen. Die Konsequenz wäre, dass weiterhin Tausende Menschen vorzeitig an Krankheiten ausgelöst durch Luftverschmutz sterben. 

Ähnlich verliefen die Verhandlungen zu weiteren Schadstoffen, die bisher noch nicht in der EU reguliert sind. Dies sind vor allem Ruß, Ultrafeinstaub und Mikroplastik. Alte Diesel- und Holz-Heizungsanlagen in Wohngebäuden sind verantwortlich für einen Großteil der Rußemissionen. Gerade in Städten entstehen so Gefahren für unsere Gesundheit. Rußpartikel gelangen über die Lunge in das Blut und von dort in weitere Organe. Sie wurden sogar im Gehirn nachweisen. Ultrafeinstaub sind besonders kleine Partikel. Sie entstehen zum Beispiel bei Start und Landung von Flugzeugen. Auch sie gelangen über das Blut bis in die Organe. Reifenverschleiß im Straßenverkehr verursacht in der EU jedes Jahr mehr als 500.000 Tonnen Mikroplastik. Ein großer Teil dessen verteilt sich als Feinstaub in der Luft. 

Es war lange die Position der Christdemokrat*innen, dass das Parlament nicht fordern dürfe, Grenzwerte für diese weiteren Schadstoffe in Zukunft festzulegen, bevor alle bestehenden Regeln umgesetzt sind. Dies würde bedeuten, dass auf absehbare Zeit neue Schadstoffe nicht auf EU-Ebene reguliert werden könnten. Auf Initiative von uns Grünen wird der Umweltausschuss nun jedoch von der Kommission fordern, für Ruß und Ultrafeinstaub Grenzwerte auf Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse festzulegen. Die Forderung nach einer Beobachtungsliste für Substanzen, für die es noch nicht genug Daten für exakte Grenzwerte gibt (z.B. Mikroplastik) geht auf einen grünen Änderungsantrag zurück. Die grünen Änderungsanträge wurden unterstützt von Sozialdemokrat*innen, Liberalen und Linken. Damit stellt der Umweltausschuss eindeutig fest, dass mehr Ambition für saubere Luft nötig ist. In Zukunft müssen nicht nur bestehende Grenzwerte eingehalten werden – auch neue Schadstoffe werden reguliert zum Schutz unserer Gesundheit. 

  • Industrieemissionen: Erste Position des Europaparlaments im Hinblick auf Überarbeitung der Regeln für Industrieanlagen

Die europäische Industrie ist verantwortlich für große Teile der Schadstoffe in unserer Luft. Kohlekraftwerke sind in ganz besonderem Maße giftig. 62% der Quecksilberemissionen der europäischen Industrie werden durch Kohlekraftwerke verursacht. Quecksilber ist ein gefährliches Nervengift, das selbst in kleinsten Mengen das Nervensystem schädigt. Darüber hinaus sterben In Europa jedes Jahr 20.000 Menschen vorzeitig aufgrund der Freisetzung von Schwefeldioxid, Stickoxiden und Feinstaub. Der Umweltausschuss fordert deshalb nicht nur den Kohleausstieg in ganz Europa bis 2030. Wir wollen auch Industrieanlagen mit den geringsten negativen Umweltauswirkungen in Zukunft gezielt fördern. 

Die Richtlinie über Industrieemissionen soll in Zukunft erweitert werden und mehr Industriesektoren umfassen. Dazu zählt vor allem die industrielle Landwirtschaft, die teilweise noch nicht von der Richtlinie abgedeckt wird.

Viele Kohlekraftwerke, Zementwerke und mehr als 10 % der Eisen -, Stahl- und Glasanlagen profitieren derzeit auf Basis von Ausnahmeregelungen gemäß der Richtlinie über Industrieemissionen. Sie können also mehr Schadstoffe ausstoßen, als eigentlich erlaubt. Ein besonderes Beispiel dieser Ausnahmen sind Zementwerke, die Abfall zur Energiegewinnung verbrennen. Für diese Werke können zurzeit Ausnahmen der Schwefeldioxidgrenzwerte gestattet werden ohne, dass es ein oberes Ende der Emissionen gäbe.Viele Zementwerke stoßen also ein Vielfaches der zugelassenen Schwefeldioxidgrenzwerte aus. Diese Ausnahmen wollen wir in Zukunft begrenzen und auf ein absolut notwendiges Minimum zu beschränken. 

All diese Verbesserungen gehen auf Änderungsanträge der Sozialdemokrat*innen und Grünen zurück. Linke und Liberale unterstützen einen gefundenen Kompromiss, wohingegen Christdemokrat*innen, Konservative und Rechtsradikale gegen diese konkreten Forderungen zur Verbesserung der Luftqualität stimmten. 

Unsere Forderung nach stündlichen und täglichen Grenzwerten für besonders kleinen Feinstaub (PM2,5) erhielt keine Unterstützung der Liberalen, Christdemokrat*innen und Rechtskonservativen. Sie wurde deshalb nicht angenommen. Zurzeit gibt es nur Grenzwerte für die Belastung im Jahresdurchschnitt. Da aber gerade zu Stoßzeiten im Straßenverkehr viel höhere Belastungen gemessen werden, sollte es stündliche Grenzwerte für Feinstaub geben.  Auch unsere Forderungen zum Straßenverkehr, insbesondere zur Durchsetzung der Regeln für Dieselautos fanden in diesem Bericht keine Mehrheit. Wir forderten die rasche Rücknahme und, wo möglich, die Nachrüstung von nicht konformen Dieselfahrzeugen, die von den nicht konformen Fahrzeugherstellern finanziert werden sollten. Der Export von Dieselfahrzeugen ohne Nachrüstung des nicht funktionierenden Emissionskontrollsystems sollte von der EU-Kommission verhindert werden. 

 

  • Zugang zur Justiz: Christdemokrat*innen und Konservative wollten bessere Regeln verhindern

In vielen Ländern Europas haben Bürger*innen es schwer, ihr Recht auf saubere Luft einzuklagen. Der Zugang zur Justiz wird für sie unnötig erschwert. Der EU-Umweltausschuss fordert deshalb die EU-Kommission auf, diesen Missstand zu beheben. Wir erwarten von der EU-Kommission neue Regeln zum Zugang zur Justiz in den Mitgliedstaaten. Christdemokrat*innen und Konservative wollten diesen Abschnitt komplett aus dem Bericht streichen. Damit würden sie verhindern, dass das Parlament ein starkes Signal an alle die sendet, die sich für saubere Luft einsetzen. Eine Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken stimmte jedoch für diese Forderungen. 

Wir Grüne hätten uns gewünscht, von der Kommission zu fordern, Kriterien für wirksame finanzielle Sanktionen und für Ausgleichszahlungen für Umweltverschmutzungsschäden einzuführen. So würden einzelne Bürger*innen in ihren Rechten gestärkt und nationale und lokale Behörden motiviert, die Richtlinien vollständig umzusetzen. Für diesen Vorschlag gab es keine Mehrheit im Umweltausschuss.

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