In seiner heutigen (18. Oktober) Debatte zur Regierungserklärung der Bundeskanzlerin zum Europäischen Rat hat der Bundestag endlich auch im Plenum die an die Bundesregierung gerichteten Reformvorschläge der Kommission diskutiert. Dies ist seit langem überfällig, da die Bundesregierung gegenüber den EU-Mitgliedsstaaten gerne Reformeifer einfordert, gleichzeitig jedoch bei der Umsetzung des von der Kommission empfohlenen Reformprogramms untätig bleibt.
Mehr dazu finden Sie hier: http://bit.ly/KT88Ll
Der SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat in einer starken Rede, hier deutliche Änderungen eingefordert. Danach entspann sich eine kurzweilige Kontroverse zwischen Volker Kauder und Sigmar Gabriel. Gabriel behauptete, die EU-Kommission habe sich gegen das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld ausgesprochen. (Die Beiträge können hierunter angeschaut werden.)
Die Kommission fordert in ihren aktuellsten Empfehlungen von der Bundesregierung tatsächlich ein “ambitionierteres” Vorgehen beim Abbau von steuerlichen Hindernissen für ZweitverdienerInnen. Damit meint die EU-Kommission jedoch nicht vor allem das Betreuungsgeld, sondern das Ehegattensplitting. Dies wird bei einer genauen Betrachtung der Entstehung der Reformempfehlungen für Deutschland sichtbar. Wegen der Untätigkeit der Bundesregierung sind die Empfehlungen der EU-Kommission für die zweite Reformperiode des Europäischen Semesters 2012 mit denen der ersten Reformperiode 2011 weitgehend identisch. Einer der wenigen Unterschiede ist beim Abbau von steuerlichen Hindernissen zu finden.
Die im Sommer 2011 vom Rat verabschiedeten Reformvorschläge für Deutschland enthielten die Forderung, effektive Schritte zur Abschaffung des Ehegattensplittings einzuleiten (“Reducing the high marginal income tax rate for second earners due to the joint income taxation of couples by shifting towards a system of individual taxation could help reduce the incidence of part-time employment in favour full time work.“).
In den aktuellsten Reformempfehlungen des Rats an Deutschland (Sommer 2012) wurde dieser Punkt jedoch zur „Verringerung von steuerlichen Fehlanreizen für Zweitverdiener“ verwässert (“Phase out the fiscal disincentives for second earners”). Damit ist Formulierung allerdings auch auf das Betreuungsgeld bezogen.
Dies haben die beiden SPD-Granden wohl gerne übersehen und sich damit von der Taktik der Bundesregierung in die Irre führen lassen: Denn genau wie die Bundesregierung ist die SPD beim Abschmelzen des Ehegattensplittings sehr zurückhaltend und kritisiert lieber das unsinnige Betreuungsgeld. Die EU-Kommission hat aber recht: Das steuerliche Haupthemmnis, vor allem für viele Frauen eine Beschäftigung aufzunehmen, ist in Deutschland das Ehegattensplitting. Im Programm der Grünen finden sich daher die notwendigen Maßnahmen in Richtung Individualbesteuerung. Bundesregierung und Sozialdemokraten können hier von den länderspeziefischen Empfehlungen der EU-Kommission lernen. “
Per Steinbrück (SPD):
Volker Kauder (CDU):
Sigmar Gabriel (SPD):
Die Empfehlungen des Rates für Deutschland im Rahmen des europäischen Semesters (2012) finden Sie hier: http://bit.ly/T2yE9J
Die Empfehlungen des Rates für Deutschland im Rahmen des europäischen Semesters (2011) finden Sie hier: http://bit.ly/QvPWrl
Meine Analyse der Reformempfehlungen für Deutschland im Rahmen des Europäischen Semesters finden Sie hier: http://bit.ly/KT88Ll