Sven Giegold

Konsultation zu AnaCredit: EZB muss nachbessern

Unsere Beschwerde zu AnaCredit hat bei der EU-Bürgerbeauftragten Wirkung gezeigt. Die Zentralbank hatte sich langezeit dagegen gewehrt, eine öffentliche Konsultation durchzuführen und reagierte unzureichend mehrfache parlamentarischen Anfragen von mir wie von Kollegen anderer Fraktionen. Auf Druck der Ombudsfrau schließlich lenkte die EZB ein, stellte den Verordnungsentwurf ins Internet und startete zumindest eine informelle Konsultation.

Den Entwurf der AnaCredit-Verordnung finden Sie hier:

https://www.ecb.europa.eu/stats/money/aggregates/anacredit/shared/pdf/draft_regulation_granular_and_credit_risk_data.en.pdf

Am 25. Januar gab es eine – leider nicht-öffentliche – Aussprache der Mitglieder des Wirtschafts- und Währungsausschusses des Europäischen Parlaments mit Sabine Lautenschläger, Vize-Präsidentin der EZB zuständig für die Bankenaufsicht (SSM), speziell zum Thema AnaCredit. Bis 29. Januar war es möglich, bei der EZB Stellungnahmen zum Entwurf der AnaCredit-Verordnung einzureichen. Leider darf ich die vertraulichen Einlassungen von Frau Lautenschläger nicht mit Ihnen teilen. Ich kann Ihnen aber versichern, dass wir beide Gelegenheiten genutzt haben, um unsere Kritikpunkte am derzeitigen Verordnungsentwurf anzubringen.

Unsere Kommentare, die wir der EZB im Rahmen der informellen Konsultation übermittelt haben, finden Sie hier:

https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2016/01/here.pdf

Das schärfste Schwert in Händen den Europaparlaments – aber auch der Bundesregierung – sind Zweifel an der von der EZB gewählten Rechtsgrundlage für AnaCredit. AnaCredit wurde als statistisches Projekt geboren und stützt sich deshalb auf die Statistik-Verordnung. Der aktuelle AnaCredit-Verordnungsentwurf enthält aber auch eine bankenaufsichtliche Komponente, so dass das AnaCredit-Projekt auch die SSM-Verordnung zur Grundlage haben müsste. Dies hätte positive Auswirkungen auf die Transparenz des Gesetzgebungsverfahrens und die Rechte des Europäischen Parlaments in diesem Verfahren. Eine öffentliche Konsultation wäre dann nicht nur informelle und intransparent wie die informelle Konsultation der EZB jetzt, sondern ein zwingendes Erfordernis.

In jedem Fall sollte die EZB die EU-Standards guter Gesetzgebung einhalten und sowohl die  bereits durchgeführte Abwägung von Kosten und Nutzen wie auch die jetzt im Rahmen der Konsultation eingeholten Kommentare veröffentlichen. Die Europäische Zentralbank muss nachvollziehbar darstellen, dass die neuen Berichtspflichten erforderlich und verhältnismäßig sind.

Ein weiterer Erfolg der Bemühungen von vielen Seiten ist, dass Kredite an Privatpersonen vorerst von der Berichtspflicht ausgenommen sind. Gleichwohl muss die EZB beim Thema Datenschutz nachbessern. Ein allgemeiner Verweis auf die Datenschutzverordnung ist ungenügend. Auch muss die EZB für die im Verordnungsentwurf vorgesehenen Rückkopplungsschleifen klar regeln, wer worauf Zugriff haben wird. Dem unrechtmäßigen Zugriff und Missbrauch von Daten darf kein Einfallstor geboten werden.

Schließlich sollte die EZB das AnaCredit-Projekt zum Anlass nehmen, die europäischen Berichterstattungspflichten zu vereinheitlichen und nationale Meldeanforderungen zu intergrieren. Weder ein Wildwuchs sich überschneidender Meldeanforderungen noch nationale Auslegungen europäischer Vorschriften sind mit einem gemeinsamen Binnenmarkt vereinbar. Um Wettbewerbsgleichheit zu garantieren, müssen alle im Kreditgeschäft tätigen Unternehmen denselben Regeln unterworfen werden. Es ist nicht einzusehen, warum etwa Versicherungen grundsätzlich von Meldepflichten ausgeschlossen sein sollen. Gleichwohl darf die EZB daraus keine Verpflichtung zur Nutzung von Konzepten aus den internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen IFRS ableiten. Die Europäische Zentralbank darf ihre Unabhängigkeit nicht für schlechte Gesetzgebung missbrauchen.

Eine von vielen Zuschriften, die uns erreichte, finden sie hier: „Fanpost

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