Bei der heutigen Zusammenkunft des deutsch-französischen Ministerrats im deutschen Meseberg berieten die beiden Regierungen mögliche Kompromisse für die Reform der Wirtschafts- und Währungsunion, die eine Entscheidungsgrundlage für die Eurogruppe am Donnerstag bilden sollen. Einigen konnten sich die Regierungen auf Minimalkompromisse zu einem Eurozonenbudget, der Weiterentwicklung des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), einer markoökonomischen Stabilisierungsfunktion und einer Letztsicherung für die gemeinsame Bankenabwicklung.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
“Der heute präsentierte Minimalkompromiss ist ein kleiner Lichtblick im Trauerspiel der ewig verschobenen Reform der Wirtschafts- und Währungsunion. Deutschland und Frankreich müssen jetzt an einem Strang ziehen, um die Hängepartie bei der Reform der Eurozone zu beenden. Der andauernde Reformstau ist Wind in den Segeln von Euroskeptikern, spätestens wenn in der nächsten Krise mangels solider Institutionen wieder die Schwächsten die Zeche zahlen.
Stabilität in der Eurozone garantiert der Kompromiss jedoch nicht. Zu kurz greifen die Ideen zur Weiterentwicklung des ESM, der eine intransparente zwischenstaatliche Institution bleiben soll. Zur Vollendung der Bankenunion ist die vereinbarte Letztsicherung für die gemeinsame Bankenabwicklung über den ESM unausweichlich. In Krisensituation bleibt der ESM jedoch unzuverlässig, weil zumindest Deutschland, Frankreich und Italien ein Veto bei jedem Krisenprogramm haben.
Die makroökonomische Stabilisierungsfunktion ist viel zu klein, um tatsächlich in Krisensituationen antizyklisch zu wirken. Das Eurozonenbudget wollen die beiden Regierungschefs im EU-Haushalt verankern, was die demokratische Kontrolle durch das Europaparlament ermöglichen würde. Das Budget sollte gemeinsame Investitionen mit ökologischem und sozialem Mehrwert ermöglichen.
Europäische Vision beweisen Merkel und Macron mit ihren Vorschlägen für eine deutsch-französische Zusammenarbeit bei der Unternehmensbesteuerung und transnationale Listen für zukünftige Europawahlen. Die Initiative für eine gemeinsame Unternehmensbesteuerung wäre glaubwürdiger, wenn die große Koalition nicht gleichzeitig die EU-Vorschläge zur Steuertransparenz von Großunternehmen blockierte.”