Heute, den 28.10., findet im FISC Unterausschuss des Europaparlaments eine öffentliche Anhörung zum LuxLetters-Skandal statt. Im Juli hatten die internationalen “LuxLetters”-Recherchen aufgedeckt, dass Luxemburg auch nach dem LuxLeaks-Skandal 2014 Großunternehmen maßgeschneiderte Steuervorteile gewährt hat. Um diese vor anderen Ländern geheim zu halten, wurde dabei auf informelle steuerliche Absprachen zurückgegriffen. So hat Luxemburg versucht, Transparenzpflichten zu umgehen, die es selbst mit allen anderen europäischen Ländern auf internationalen Druck nach dem LuxLeaks-Skandal eingeführt hatte. In schriftlichen Aussagen hat die luxemburger Regierung an den entscheidenden Punkten keine Klarheit geschaffen. Gestern (!) Abend sagte Luxemburgs Steuerbehörde ihre Teilnahme an der heutigen Anhörung ab. Im Vorfeld hatte Luxemburgs Finanzminister bereits die Teilnahme abgelehnt. Auch PwC Luxemburg hatte zuerst die Einladung des Europaparlaments nicht angenommen, nach der Veröffentlichung dieses Vorgangs willigten sie doch in die Teilnahme ein. Dazu sagt Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament:
“Es nicht akzeptabel, dass der luxemburgische Finanzminister eine Anhörung zu den Vorwürfen im EU-Parlament verweigert. Der Vorwurf, dass Luxemburg den Austausch von Steuerinformationen umgeht, steht weiterhin im Raum. Luxemburgs Finanzminister will sich offenbar unangenehmen Fragen entziehen. Immerhin nimmt PwC nun an der Anhörung teil, nachdem das Unternehmen zunächst abgesagt hatte. Unser Druck auf PwC hat offenbar gewirkt.”
Die Anhörung im FISC Unterausschuss findet heute, den 28.10., um 13:45 statt und kann hier live verfolgt werden: https://www.europarl.europa.eu/committees/en/public-hearing-on-the-luxletters-revelat/product-details/20211026CHE09622
Berichterstattung zu PwC Luxemburg: “Lieber keine unbequemen Fragen” https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/pwc-deloitte-luxemburg-giegold-eu-luxletters-1.5440864
Hintergrund:
Seit der dritten EU-Richtlinie über die Zusammenarbeit der Steuerbehörden (DAC3) besteht in der EU die Pflicht, grenzüberschreitende Steuervorbescheide und ähnliche Vereinbarungen mit anderen Ländern auszutauschen. Diese trat 2017 in Luxemburg in Kraft. Artikel 1.1.b.14 der EU-Richtlinie definiert einen ‘grenzüberschreitenden Vorbescheid‘, der automatisch ausgetauscht werden muss, als “eine Vereinbarung, eine Mitteilung oder ein anderes Instrument oder eine andere Maßnahme mit ähnlicher Wirkung, auch wenn sie bzw. es im Zuge einer Steuerprüfung erteilt bzw. getroffen, geändert oder erneuert wird”. In ihrer Reaktion auf die Vorwürfe argumentiert die Luxemburger Regierung nun, dass die Informationsbriefe nicht dem Kleingedruckten der Richtlinie entsprächen. Sie weist die Anschuldigungen daher als haltlos zurück. Die Praxis an sich leugnet sie nicht. Sie besteht aber darauf, dass etwaiger Schriftverkehr unilateraler Natur wäre und keinesfalls als eine Vereinbarung verstanden werden könne, die für die Steuerbehörde bindend sei. Allerdings ist dem internationalen Rechercheteam bisher kein Fall bekannt, in dem die luxemburgischen Behörden ein Steuervermeidungskonstrukt angefochten haben, das vorher in einem Informationsbrief dargelegt worden war.
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