Sven Giegold

Peinlich für Europa: Malta steht auf der globalen grauen Liste für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Heute, am 25. Juni, wurde Malta auf die globale Liste der Länder gesetzt, die unter verstärkter Beobachtung wegen Geldwäsche stehen, besser bekannt als die „graue Liste“. Es ist das erste Mal, dass ein EU-Mitgliedstaat aufgrund erhöhter und anhaltender Geldwäsche- und Terrorismusfinanzierungsrisiken auf diese Liste gesetzt wurde. Die Financial Action Task Force (FATF) ist die weltweite Kontrollinstanz für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung mit mehr als 200 Mitgliedsländern und -gerichtsbarkeiten. Die FATF hat Standards entwickelt, deren Umsetzung in den Mitgliedsländern regelmäßig überprüft wird. Malta wurde heute zusammen mit den Philippinen, Haiti und dem Südsudan auf die graue Liste gesetzt. Diese Einschätzung wurde von der FATF Plenarsitzung getroffen, die diese Woche stattgefunden hat. Nächste Woche wird der Europäische Rechnungshof voraussichtlich einen heiklen Bericht über Geldwäsche im EU-Bankensektor vorlegen.

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament, erklärt:

„Es ist grundpeinlich, dass es einer globalen Aufsichtsbehörde bedarf, um einen EU-Mitgliedstaat wegen schwerer Geldwäscherisiken anzuprangern. Wir wissen seit Jahren von Korruption und organisiertem Verbrechen in Malta und dennoch hat die EU-Kommission gezögert zu handeln. Die EU-Kommission hat es nicht nur versäumt, ihrer Rolle als Hüterin der Verträge gerecht zu werden, sie hat sich auch noch bei der FATF-Vollversammlung schützend vor Malta gestellt. Die Untätigkeit der EU-Kommission ist unverantwortlich und muss sofort aufhören. Ich fordere die Kommission auf, unverzüglich die geeigneten Maßnahmen zu ergreifen, um den Rest Europas vor dem von Malta ausgehenden Risiko der Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu schützen. Europäische Gesetze müssen durchgesetzt werden, sobald Verstöße bekannt werden, und nicht erst Jahre später. Die Schaffung neuer EU-Institutionen darf keine Ausrede für die Untätigkeit der Kommission sein, wenn bestehendes EU-Recht nicht effektiv umgesetzt wird. Die effektive Umsetzung von EU-Recht muss der Maßstab für die EU-Mitgliedstaaten sein – nicht mehr und nicht weniger. Auch weitere EU-Länder haben sich bei der Umsetzung von EU- und internationalen Anti-Geldwäschegesetzen als eklatant ineffektiv erwiesen, darunter Zypern, Deutschland und Bulgarien.

Malta ist nicht der einzige europäische Mitgliedstaat mit gravierenden Mängeln bei der Umsetzung und Durchsetzung von Anti-Geldwäschegesetzen. Von den 18 Mitgliedstaaten, die von der FATF bis November 2020 geprüft wurden, erreichte kein einziger ein hohes Maß an Effektivität in Bezug auf die wichtigsten Indikatoren zur Bekämpfung von Geldwäsche. Das muss ein Weckruf für Europa sein. Belgien, Zypern, Griechenland, Irland, Italien, Österreich, Tschechien, Dänemark, Lettland, Litauen, Malta, die Slowakei, Slowenien, Finnland, Schweden, Portugal und Ungarn wurden alle als mäßig oder wenig effektiv bei der Bekämpfung von Geldwäsche eingestuft. Es ist peinlich, dass es den öffentlichen Pranger einer grauen Liste braucht, bevor die Europäische Kommission nun hoffentlich endlich etwas unternimmt. Ich werde alles tun, um diese Untätigkeit der EU-Kommission und der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde zu stoppen.“

Graue Liste der FATF, Stand Juni 2021: https://www.fatf-gafi.org/publications/high-risk-and-other-monitored-jurisdictions/documents/increased-monitoring-june-2021.html

4. Runde der FATF-Ratings, November 2020: https://www.fatf-gafi.org/media/fatf/documents/4th-Round-Ratings.pdf

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