Sven Giegold

Steuerflucht verschärft die Armut in Entwicklungsländern – ActionAid Report erschienen

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Steueroasen sind nicht nur ein Problem für die Haushalte der OECD-Staaten, sondern entziehen auch den ärmsten Ländern der Welt dringend benötigte Steuereinnahmen. Eine heute veröffentlichte Studie von ActionAid zeigt, dass Entwicklungsländer nicht nur stärker unter der Offshore-Steuerflucht großer Unternehmen leiden, sondern auch  wesentlich häufiger betroffen sind.

Laut ActionAid ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Auslandsinvestition in einem Entwicklungsland über eine Steueroase getätigt wird, um Vieles größer als in den wirtschaftlich entwickelten Ländern. Nahezu die Hälfte aller in Entwicklungsländern getätigten Investitionen wird über Steueroasen abgewickelt. Insgesamt gehen damit für Entwicklungsländer Beträge verloren, die die OECD auf das Dreifache der aktuell gezahlten Entwicklungshilfe schätzt.

Der Bericht zitiert das Beispiel eines großen Montanunternehmens, das in Afrika 84 Prozent seiner Umsätze erzielt. Insgesamt hat das Unternehmen allerdings lediglich vier seiner 81 Filialen in Afrika. 47 sind Steueroasen registriert!

Dabei benötigen Entwicklungsländer dieses Geld dringend, um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit dem Notwendigsten wie sauberem Wasser, Nahrung, Schulen und einem funktionierenden Gesundheitswesen zu gewährleisten. Die indische Regierung nennt zu dem Thema ein Beispiel, in dem allein durch eine einzige Transaktion in Indien 2.2 Milliarden Dollar Steuern fällig geworden wären, wäre diese Transaktion nicht über eine zum britischen Commonwealth (Cayman Inseln) gehörende Steueroase abgewickelt worden. Von diesem Geld hätte jedes Grundschulkind in Indien für ein ganzes Jahr ein subventioniertes Mittagessen erhalten können. In Indien gelten beinahe 50 Prozent aller Kinder unter 5 Jahren als unternernährt.

Zwar ist die Praktik der Steuervermeidung nicht illegal, doch in höchstem Maße unmoralisch. Klamme Kassen und der jüngste Skandal um Apple haben das Thema auch bei den Regierungen der führenden westlichen Nationen wieder oben auf die Tagesordnung gesetzt: Steueroasen müssen ausgetrocknet werden. Bisher handelt es sich bei den Zusagen zur Bekämpfung der Steuerflucht um reine Lippenbekenntnisse, die übrigens nicht neu sind: Bereits 2009 hatten die Regierungschefs der G20 erklärt, sie wollten der Steuerflucht ein Ende setzen. Passiert ist seitdem nichts. Es wird Zeit, dass die Regierungen endlich handeln.

Entwicklungsländern sind im Kampf gegen Steueroasen häufig die Hände gebunden. Die G8 und die EU sind jedoch durchaus in der Lage Druck auszuüben bzw. Steueroasen dicht zu machen. Für ein Fünftel aller Steueroasen ist Großbritannien verantwortlich und 40 Prozent der Oasen die G8.

Faule Ausreden zählen also nicht. ActionAid fordert von den Regierungen und den G8-Staaten ihren Worten Taten folgen zu lassen und Steuerschlupflöcher zu schließen. Hierfür muss der Informationsaustausch zwischen den Steueroasen und den betroffenen Ländern sichergestellt werden. Dies muss auch für Entwicklungsländer gelten. Gleichzeitig müssen die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse von Unternehmen und Konzernen offen gelegt werden und durch die Öffentlichkeit einsehbar sein.

Das Europaparlament hat klar Stellung bezogen, was leider von den EU-Regierungschefs nicht zu behaupten sind. Nach den großen Tönen im Vorfeld ist das Ergebnis des gestrigen EU-Gipfels äußerst schwach. Zu unseren Forderungen findet sich hier ein Interview mit mir.

Rubrik: Meine Themen, Wirtschaft & Währung

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