Dieser Artikel steht heute im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung:
Bank ohne Frau
EU-Ratspräsident Van Rompuy schreibt zur EZB-Personalie
Brüssel – Der Streit um die als männerbündlerisch gegeißelte Besetzung der Führungsgremien der Europäischen Zentralbank (EZB) spitzt sich zu. Mit einem betont lakonisch gehaltenen Brief an den Vorsitzenden des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), brachte EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy jene Abgeordneten auf, die sich dafür einsetzen, dass eine weibliche Kandidatur für den seit Mai vakanten Posten im EZB-Direktorium zumindest ermöglicht wird.
In seinem am Mittwoch publik gewordenen Siebenzeiler schrieb Van Rompuy, dass kein Mitgliedsland eine weibliche Kandidatin ins Spiel gebracht habe. Er wolle aber die Aufmerksamkeit der Mitglieder des Europäischen Rates darauf lenken, dass es durchaus ‚wünschenswert‘ sei, künftig auch Frauen für Posten im EZB-Direktorium in Erwägung zu ziehen.
Damit dürfte klar sein, dass Van Rompuy gewillt ist, die Ernennung des Luxemburgers Yves Mersch zum EZB-Direktoriumsmitglied auch ohne parlamentarische Anhörung durchzuboxen. Diese war ursprünglich für Anfang September geplant gewesen, von den EU-Parlamentariern aber aus Protest gegen die Marginalisierung von Frauen vorläufig ausgesetzt worden. Wie der Grünen-Abgeordneten Sven Giegold am Mittwoch mitteilte, hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments bereits beschlossen, die Anhörung neuerlich zu verschieben. Giegold kritisierte, Van Rompuy sei in keiner Weise auf die Argumente der Abgeordneten eingegangen: ‚Auf dieser Grundlage einen neuen Termin anzusetzen, wäre in meinen Augen eine Bankrotterklärung und eine Unterwerfung des Europaparlaments gegenüber dem Rat.‘ JC
(SZ vom 27.09.2012)
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