Sven Giegold

Treffen Merkel/Macron: Merkel ist die Stabilität ihrer Fraktion wichtiger als die Stabilität Europas

Nach der Rede von Frankreichs Präsident Macron im Europaparlament hat die CDU/CSU-Fraktion gestern Abend beschlossen, einen Europäischen Währungsfonds nur über den Weg der EU-Vertragsänderung einrichten zu wollen. Kanzlerin Merkel stimmte diesem Vorschlag zu. Morgen treffen sich Merkel und Macron in Berlin. Im Vorfeld brachte die Kanzlerin einen “Jumbo-Rat” bestehend aus den Wirtschafts- und den Finanzministern der EU-Länder für eine bessere Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik ins Spiel.

 

Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

”Merkel ist vor den EU-Blockierern aus ihrer Fraktion umgefallen. Der Kanzlerin scheint die Stabilität in ihrer Fraktion wichtiger zu sein als die Stabilität in Europa. Merkel hat den Europäischen Währungsfonds faktisch beerdigt. Über den Weg der Vertragsänderung ist der Währungsfonds kurzfristig nicht erreichbar. Selbst wenn es im Bundestag eine Mehrheit für den Fonds gibt, müssten in anderen Ländern noch Referenden durchgeführt und gewonnen werden. Angst vor dem Rechtspopulismus ist für die CDU ein schlechter Ratgeber in der Europapolitik. Nur mit Reformen kann Europa langfristig gute Politik machen, die das beste Rezept gegen Rechtspopulismus sind. Merkel braucht mehr Macron’schen Mut als Christdemokratische Zauderei.

Was Merkel heute “Jumbo-Rat” nennt ist eigentlich der Vorschlag ehemaliger französischer Präsidenten einer europäischen Wirtschaftsregierung. Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass Merkel mehr Macht auf die zwischenstaatlichen Ebene verlagern will, wenn Macron mehr demokratisch-kontrollierte europäische Kompetenzen vorschlägt. Für eine gemeinsame Wirtschaftspolitik brauchen wir nicht mehr intergouvernementale Gremien, sondern mehr europäische Kompetenzen und die demokratische Gemeinschaftsmethode. Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik sollte vor allem gemeinsame Investitionen vorantreiben.”

Rubrik: Demokratie & Lobby

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