Kurz vor dem gestrigen Eurogipfel hat Griechenland neue Reformvorschläge vorgelegt, um die Gläubiger von einer Auszahlung des zweiten Hilfspakets zu überzeugen. Eurogruppenpräsident Dijsselbloem sprach für die Mehrheit der Gläubiger von wichtigen Fortschritten. Erste Veröffentlichungen zeigen, dass die neuen Vorschläge zahlreiche Steuererhöhungen und Kürzungen enthalten.
Den Verhandlungsstand kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:
Es ist gut, dass die neuen Vorschläge die Blockade zwischen Griechenland und den Gläubigern lösen. Das ist ein wichtiger Schritt für den Zusammenhalt des Euro. Aber die Medaille hat zwei Seiten: Tsipras’ Vorschläge beinhalten eine Orgie von Steuererhöhungen und Kürzungen, die wie Gift für eine stagnierende Wirtschaft wirken. Die Pläne sind eine Zuspitzung der Wirtschaftskrise mit Ansage. Mit den Steuererhöhungen und Kürzungen von 1,5 Prozent in diesem und 2,87 Prozent des Bruttosozialprodukts im nächsten Jahr werden rechnerisch die Lücken gefüllt. Praktisch werden aber schon bald die Einnahmen des Staates mangels Wirtschaftwachstums wieder schneller schrumpfen als die gekürzten Ausgaben. Die Bundesregierung und andere Euro-Länder verschonen ihre Steuerzahler damit nicht vor einem dritten Griechenlandpaket, sondern schieben es nur wieder auf.
Es zeigt sich, dass die Bundesregierung und die Gläubiger nichts aus der gescheiterten Austeritätspolitik gelernt haben. Auch die griechische Regierung bricht ihre Versprechen und geht die notwendigen Reformen nicht an. Zu den Versäumnissen der neuen Pläne gehören etwa der Aufbau einer funktionierenden Verwaltung sowie professioneller Steuerbehörden, die den superreichen Steuersündern auf die Schliche kommt. Die griechische Regierung sollte die Liste der ca. 3.000 superreichen Steuersünder veröffentlichen und Europa sollte dabei helfen, deren Steuerschulden von rund 60 Milliarden Euro im Ausland aufzuspüren.