Der Cum-Ex Skandal um mehrfach zu Unrecht erstattete Steuerzahlungen auf Aktiendividenden zieht immer weitere Kreise. NDR und Die Zeit berichten von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD), der sich in seiner Zeit als Hamburgs Erster Bürgermeister mit dem Mitinhaber und ehemaligen Chef der M.M. Warburg Bank Christian Olearius getroffen haben soll, obwohl gegen die Privatbank zu diesem Zeitpunkt bereits staatsanwaltschaftliche Ermittlungen liefen. Recherchen zufolge gab es weitere Treffen der Warburg Bank mit dem haushaltspolitischen Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Johannes Kahrs sowie dem damaligen Finanzsenator und heutigen Ersten Bürgermeister Peter Tschentscher und dem früheren Hamburger Innensenator Alfons Pawelczyk (alle SPD). Auf eine Anfrage der Linken in der Hamburger Bürgerschaft hatte die Hamburger Senatskanzlei Ende 2019 geantwortet, dass weder Scholz noch andere Senatsmitglieder Gespräche mit der Warburg Bank geführt hätten.
Entgegen dem Anraten des Bundesfinanzministeriums ließ die Hamburger Finanzverwaltung 2016 Steuerrückforderungen in Höhe von 46 Millionen Euro verjähren, weil man offenbar Rechtsstreitigkeiten mit der Warburg Bank fürchtete. Im aktuellen Cum-Ex Prozess vor dem Landgericht Bonn steht für die Warburg Gruppe eine Rückzahlung von 169 Millionen Euro im Raum, die auf den Cum-Ex-Eigenhandel der Warburg Bank entfallen. Die Warburg Bank hat sich bereit erklärt, lediglich 68 Millionen Euro zurückzuzahlen, was dem verbliebenen Gewinn aus den illegalen Geschäften entspricht. Das Bundesfinanzministerium indessen hat offenbar im November 2019 eine entsprechende Einigung zwischen der Finanzverwaltung Hamburg und der Warburg Bank verhindert. Diese „Billigkeitslösung“ wäre einem Urteil zuvorgekommen und hätte der Stadt Hamburg 99 Millionen Euro Mindereinnahmen beschert.
Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
“Olaf Scholz und Peter Tschentscher müssen diese schwerwiegenden Vorwürfe schnellstmöglich aufklären. Der Cum-Ex-Skandal ist der größte Steuerraub in der Geschichte der Bundesrepublik. Mittels Cum-Ex gestohlene Steuermillionen müssen zurückgezahlt werden. Alle Möglichkeiten des Rechtsstaats müssen genutzt werden, um die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Alles andere wäre ein Schlag ins Gesicht der Steuerzahler und der Gerechtigkeit. Nachdem der Vorsitzende Richter am Bonner Landgericht die Cum-Ex-Geschäfte für strafbar erklärt hat, müssen die beschuldigten SPD-Politiker jetzt Klartext reden.”
Presseartikel zu den Recherchen von NDR und Die Zeit:
https://www.tagesschau.de/investigativ/panorama/cum-ex-skandal-warburg-bank-101.html