Die Europäische Kommission wird heute ihre Vorschläge zu einer Neuordnung der Mehrwertsteuersätze in der EU vorstellen und dabei den Mitgliedstaaten mehr Freiheiten einräumen. Seit 1992 muss die Mehrwertsteuer in der EU bei mindestens 15 Prozent liegen. Die Mitgliedstaaten können zusätzlich eine oder zwei ermäßigte Raten einführen, die nicht unter fünf Prozent liegen dürfen. Folglich gibt es in der EU derzeit mehr als 250 ermäßigte Mehrwertsteuersätze. Nach Plänen der EU-Kommission soll jedes Land jetzt zusätzlich zu den schon bestehenden ermäßigten Sätzen zukünftig noch eine reduzierte Rate zwischen fünf und null Prozent einführen dürfen. Die Mitgliedsländer bekommen zudem die Möglichkeit, für immer weitere Produkte und Dienstleistungen Umsatzsteuerbegünstigungen einzuführen. Außerdem schlägt die Kommission heute Erleichterungen für kleine und mittelständische Unternehmen bei der Anwendung von Mehrwertsteuerregeln vor.
Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:
„Es ist goldrichtig, dass die Europäische Kommission endlich Kleinunternehmen bei der Mehrwertsteuer entlasten will; unabhängig davon, wo sie registriert sind und unabhängig von den Regeln der Mitgliedstaaten. Der gemeinsame europäische Binnenmarkt muss für alle Unternehmen dasein, die Größe darf keine Rolle spielen. Wir müssen kleine und mittlere Unternehmen mit einfacheren Vorschriften für Rechnungsstellung und Mehrwertsteuerrückgaben entlasten. Eine Grenze von 85.000 Euro ermöglicht es auch kleineren Händlern, ihre Produkte EU-weit zu verkaufen und verhindert Missbrauch durch große Unternehmen.
Leider macht die Europäische Kommission keinen Versuch, die Sätze für stark ermäßigte Mehrwertsteuersätze in den Mitgliedstaaten zu harmonisieren. Es droht sogar ein noch stärkerer Flickenteppich bei den Produkten und Dienstleistungen, auf die Niedrigsteuersätze angewendet werden. Unterschiedliche Mehrwertsteuersätze für Waren und Dienstleistungen passen nicht zum europäischen Binnenmarkt. Wir fordern zumindest eine Positivliste für umsatzsteuerbegünstigte Waren und Dienstleistungen im Einklang mit den Verpflichtungen der Europäischen Union gegenüber dem Abkommen von Paris und den sozialen Zielen der Europäischen Union. Es ist nicht einzusehen, warum Tampons mit Mehrwertsteuer belegt werden, während Luxusprodukte von großzügigen Steuervergünstigungen profitieren.“