Sven Giegold

Wirtschaftsausschuss verlangt Reform der Banken- und Wirtschaftsprüferlobby

Weniges klingt langweiliger und technokratischer als „Verordnung zur Wiederauflage eines Unionsprogramms zur Unterstützung spezieller Tätigkeiten im Bereich Rechnungslegung und Abschlussprüfung für den Zeitraum 2014-2020“. Doch kaum ein Beschluss des Wirtschaftsausschusses macht mir derzeit mehr Freude als dieser!

In den letzten 6 Jahren finanzierte die EU über den Europäischen Haushalt die Vertretung vermeintlich europäischer Interessen gegenüber dem Internationalen Buchhaltungsstandardsetzer IASB mit gut 6 Millionen Euro pro Jahr. Im IASB sitzen vor allem Vertreter großer Wirtschaftsprüfungsunternehmen und großer Konzerne. Kleine und mittlere Unternehmen, Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, usw. sind nicht vertreten. Dabei ist Transparenz durch Unternehmensbilanzen ein öffentliches Gut gerade für InvestorInnen und VerbraucherInnen. In der Europäischen Vertretung Efrag (European Financial Reporting Advisory Group) geht es fast genauso unausgewogen zu. In der Vergangenheit hat die Efrag sogar in Überschreitung ihres Mandats bei der EU-Kommission Lobbyarbeit gegen mehr Unternehmenstransparenz etwa bei länderbezogenen Berichtspflichten von Konzernen bei Steuerzahlungen gemacht.

Nun hat der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments beschlossen, die Fortsetzung der Zahlungen an strenge Anforderungen zu binden. Außerdem soll es keinen siebenjährigen Blankocheck mehr geben, sondern jährliche mit laufender Überprüfung der Voraussetzungen. Dafür hatten wir Grünen uns vor allem mit der rechtskonservativen Fraktion eingesetzt und letztlich breite Unterstützung gefunden, nachdem sich der konservative Berichterstatter Stolojan (EPP, Rumänien) lange gegen harte Auflagen gesträubt hatte.

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert die Abstimmung:

„Die wichtigen Bilanzierungsregeln für Banken und Großunternehmen wurden bisher in zu enger und vor allem zu einseitiger Zusammenarbeit mit den Konzernen selbst entworfen. In der vagen Hoffnung auf globale Bilanzierungsstandards (IFRS) übernahm Europa Regeln aus den USA, die in der Krise als Brandbeschleuniger wirkten. Insbesondere die zu stark marktbasierte, am Shareholder Value orientierten Bilanzierungsregeln widersprechen Gläubigerschutz und Finanzmarktstabilität. Die Ausweitung dieser Regeln auf klein- und mittelständische Unternehmen ist weder im Interesse der Unternehmen noch des Gemeinwohls.

Das Europaparlament hat nun ein deutliches Zeichen gesetzt und mehr Unabhängigkeit, Transparenz und Vielfalt bei der Schaffung von Bilanzierungsregeln eingefordert. EFRAG und die IFRS Stiftung werden sich jetzt reformieren müssen. Sollten Sie sich dem verweigern, muss die Aufgabe an eine öffentliche oder gemeinnützige Institution übertragen werden.

Außerdem haben wir erreicht, einen engeren Auftrag von EFRAG ausgesprochen. Die Institution darf Regulierungsvorhaben für zum Beispiel Regeln für mehr Steuertransparenz nicht weiter torpedieren. Damit ist dem von der EU selbst finanzierten Lobbying gegen mehr Transparenz bei Großunternehmen ein Riegel vorgeschoben worden.

Die Position des Wirtschaftsausschusses muss nun mit dem Rat der Mitgliedsländer verhandelt werden. Der Wirtschaftsausschuss erteilte dazu ein starkes direktes Verhandlungsmandat, so dass das Plenum des Parlaments erst am Ende des Prozesses beteiligt werden muss.

Mein Erlebnisbericht vom Besuch beim IASB in London Ende 2012.

Als Beispiel für die einseitige Zusammensetzung der EFRAG-Expertengruppen hier die Mitglieder der Arbeitsgruppe Steuern.

Für SpezialistInnen die beschlossenen Bedingungen im Einzelnen:

Regarding EFRAG and other EU accounting standards stakeholders:

  • the requirement to comply with the European interest and true and fair view criteria referred to in Regulation (EC) No 1606/2002, to be reviewed as soon as possibly based on a proposal from the European Commission to be published by 31 March 2014, and not only to scrutinise the quality of the standards on the basis of the IASB’s own criteria, to check that they are evidence-based and responding to European needs, taking into account the diversity of accounting and economic models and views in Europe, and therefore to assess their impact on the economy and financial stability.

  • the requirement to diversify expert groups such as EFRAG’s TEG. (Maystadt recommendation)   – the requirement for EFRAG to limit itself to IFRS standards (Maystadt recommendation)

Regarding IFRS Foundation and IASB:

  • the requirement to reincorporate, where appropriate, into the conceptual framework now being amended, the principles of prudence and reliability, combined with all changes to the standards to reflect these revisions to the conceptual framework, in order notably to better represent the actual business models based on economic facts rather than concepts, thus avoid complexity and not introduce any short term and volatility biases in the financial statements. The Commission will conduct annually an assessment of whether these criteria are fulfilled and whether the beneficiaries have achieved the goals laid out in this Programme, in the annual work programme, referred to in Article 7 (2), and in the legislative proposals of the Commission regarding the governance of EFRAG to be presented at the latest by 31 March 2014. Regarding EFRAG and other EU accounting standards stakeholders the Commission should further assess if the Union interests are adequately taken into account in the international standard setting process and in the enforcement process. These interests include the principle of prudence, the maintenance of the true and fair view principle, and to take into consideration the impact on financial stability and economy. The Commissions assessment shall be presented and need to be approved by the European Parliament.
Rubrik: Wirtschaft & Währung

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