Das Europaparlament hat heute über vier zentrale Gesetzgebungsakte im Bereich Finanzmarktsverbraucherschutz abgestimmt. Darunter fallen die Finanzmarktrichtlinie Mifid (Abstimmung an diesem Abend) und die Richtlinie für offene Publikumsfonds (OGAW / Ucits), für die Sven Giegold Berichterstatter ist, sowie die neuen Basisinformationsblätter für Anlageprodukte (PRIPs) und das sogenannte „Bankkonto für alle“.
Sven Giegold, Spitzenkandidat der Grünen und wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert das Paket:
„Heute ist ein guter Tag für Anlegerinnen und Anleger in Europa. Sie werden durch besseren Verbraucherschutz am Finanzmarkt besser vor Fehlberatung, Betrug und intransparenten Kosten geschützt.
Die beschlossenen Regeln für die Vergütung von Investmentfondsmanagern werden Boni genauer an den Erfolg der Anleger binden. Damit Anleger keine Verluste erleiden, wenn Wertpapiere in Obhut der Verwahrstelle verloren gehen, werden eine strikte Haftung der Depotbanken für Einlagen sowie einheitliche Sanktionen eingeführt. Ein großer Grüner Erfolg ist die Schaffung eines sicheren Zugangs für Whistleblower bei der Europäischen Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und den nationalen Finanzaufsehern.
Außerdem hat das Europaparlament mit der heutigen Abstimmung ein einheitliches Finanzprodukte-Informationsblatt geschaffen. Es wird europaweit für die meisten komplexeren Finanzprodukte wie Investmentfonds, Lebensversicherungen und Zertifikate gelten und bestehende nationale Verbraucher-Kurzinformationen ersetzen. Damit setzt das Europaparlament auf Wachstum für nachhaltige Geldanlagen. Auf Grüne Initiative hin werden im Rahmen des Informationsblattes sozial-ökologische Anlageprodukte zukünftig gekennzeichnet. Anbieter müssen auf ihrem Informationsblatt angeben, wie sie ihre Ziele erreichen wollen. Darüber hinaus hat die Kommission den Auftrag erhalten, Standards für die Offenlegung der Grundlagen nachhaltiger Anlageziele zu veröffentlichen. Die neuen Regeln schreiben dem verbreiteten Missbrauch mit blumigen aber unbestimmten Worten wie „ethisch verantwortlich“, „grün“, „alternativ“ usw. einen Riegel vor. Die verbindliche Kennzeichnung und Transparenz schließt auch eine Lücke des aktuellen deutschen Informationsblatts. Ethische Geldanlagen können durch diese neuen Rahmenbedingungen einen großen Schub bekommen. Zudem verschafft das Produktinformationsblatt allen PrivatanlegerInnen mehr Durchblick und eine bessere Vergleichbarkeit von Finanzprodukten. Im Dschungel der Anlageprodukte bekommen sie einen prägnanten und einheitlichen Wegweiser an die Hand, der unterschiedliche Geldanlagen vergleichbar macht. Er verdeutlicht Chancen, Risiken und Kosten wichtiger Finanzprodukte und stärkt so den Wettbewerb im Interesse der Anlegerinnen und Anleger. Rentenprodukte der Kategorie „Riester“ werden nicht vom neuen Informationsdokument erfasst. Hier hat sich die Große Koalition mit ihrer Extrawurst für Riesterprodukte auf Kosten der deutschen Verbraucher leider durchgesetzt.
Das „Bankkonto für alle“ ist für die Bürger eine Brücke zum europäischen Binnenmarkt. Über 30 Millionen bisher Menschen ohne Bankkonto bekommen das Recht, ihre Bankgeschäfte mit einem kostengünstigen Basiskonto zu erledigen. Auch für das „Wirtschaftswunderland“ Europas ist dies ein Durchbruch: Für über eine Million Menschen, die ohne Konto in Deutschland leben, hat Europa heute eine Tür zum Binnenmarkt geöffnet. Besonders auf die Grüne Initiative hin können auch Flüchtlinge, Obdachlose, Gaststudierende aus fernen Ländern oder Green-Card-Besitzer über diese Brücke gehen und ein Konto eröffnen. Auch Aufenthaltsberechtigte und geduldete Menschen haben nun Anspruch auf ein Basiskonto. Das Konto ist für den Alltag bestens gewappnet. Es erleichtert Zahlungvorgänge wie Lastschriften, Überweisungen oder Daueraufträge und macht Kartenzahlungen möglich.
Die Finanzmarktrichtlinie Mifid setzt zudem härtere Regeln für den Vertrieb von Finanzprodukten. Zukünftig wird es möglich, konsumentenschädigende Produkte europaweit vom Markt zu nehmen. Auf Grüne Initiative bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher jährlich eine Rechnung, die alle Kosten einer Finanzanlage in Euro und Cent transparent macht. Eine echte Abkehr vom provisionsgetriebenen Vertrieb scheiterte jedoch am Widerstand von Konservativen, Sozialdemokraten und Liberalen bereits im Parlament. Die Mitgliedsstaaten haben jedoch ein Wahlrecht, so dass der Bundestag hier weitere Fortschritte durchsetzen kann. Außerdem gelten die neuen Regeln nicht für Finanzprodukte im Versicherungsmantel. Das Europaparlament hat seine Position zur Reform der Vermittlerrichtlinie IMD II bereits verbraucherfreundlich gefasst. Wir warten auf den Rat der Mitgliedsländer dem gleich zu tun, so dass das neue Europaparlament auch für Versicherte mehr Verbraucherschutz durchsetzen kann.“
Details und weiter Kommentare zu meinem Bericht über Kleinanlegerfonds finden Sie hier: http://bit.ly/NwmZjW
Unser Hintergrundpapier zu Vorteilen für Kleinanleger durch das Informationsblatt für Geldanlagen finden Sie hier: http://bit.ly/1krTE56
Weitere Informationen zum Bankkonto für alle finden Sie hier: bit.ly/1qyJYt6
Weitere Informationen zur Finanzmarktrichtlinie Mifid finden Sie hier: http://bit.ly/1dAcIwL