Sven Giegold

Eiopa: Mit der Lobby auf Du und Du

Eiopa: Mit der Lobby auf Du und Du

Eine Brüsseler Lobbyisten-Zählung kam im Jahre 2014 zu beeindruckenden Ergebnissen: Insgesamt 1.700 professionelle Interessenvertreter befassen sich rund um die Brüsseler Institutionen mit dem Finanzsektor. Gewerkschaften, Verbraucherschützer und andere Nichtregierungsorganisationen kommen höchstens auf ein dreißigstel davon. Das gilt nicht nur für Banken-Themen. Insbesondere im Versicherungsbereich verläuft der Lobbyismus einseitig auf der Anbieterseite. Auch die europäische Versicherungsaufsicht Europa bildet hier keine Ausnahme.

 

Während sich Verbraucherschutzorganisationen wie der Verbraucherzentrale Bundesverband oder der Bund der Versicherten (BdV) in Deutschland Spezialisten für Regulierung leisten, gibt es sie in Brüssel nicht. Mir ist nach sechsjähriger Tätigkeit im Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europaparlaments (Econ) nur ein einziger Lobbyist begegnet, der sich in Brüssel mit Versicherungsfragen auf Seiten der Verbraucher befasst: ein Mitarbeiter des Verbraucherschutz-Dachverbands Beuc, der aber auch noch diverse andere Finanzsektoren mitbearbeiten muss.

Ähnlich sieht es offenbar bei der Europäischen Versicherungsaufsichtsbehörde Eiopa aus. Transparenz über die Kontakte mit professionellen Interessensvertretern gibt es nicht. Eiopa ist damit nicht weniger transparent als die zahlreichen anderen EU-Agenturen, die über den Kontinent verstreut sind. Doch ein Blick in die von Eiopa durchgeführten öffentlichen Konsultation zu Einzelfragen zeigt, dass immer die Anbieter von Versicherungen dominieren. Bei einigen Themen melden sich auch Unternehmen der Realwirtschaft als Versicherungsnutzer zu Wort. Aber abgesehen von sehr vereinzelten Rückmeldungen der Aktionärsschützer von Better Finance und des deutschen BdV sind Vertreter der normalen Endkunden von Versicherungen an der Vorbereitung von Entscheidungen der Eiopa nicht beteiligt. Diese Einseitigkeit könnte ausgeglichen werden, durch die sogenannten „Stakeholder Groups“. Doch auch hier das gleiche Bild: Echte Verbraucherschützer sind dort nur wenige zu finden. Die Nutzerseite ist vertreten, jedoch klar in der Unterzahl. Bei der jüngsten Runde von Berufungen kam skurrilerweise Rickard Ydrenäs, laut Selbstbeschreibung ein „Lobbyist for Rent“, als Vertreter der Versicherungsnutzer zum Zuge.

Angesichts dieser ungleichen Zugänge unterschiedlicher Interessengruppen zu Eiopa habe ich den Lobbyismus bei den europäischen Finanzaufsichtsbehörden bei den Anhörungen zu den erneut zu bestellenden Spitzen dieser Behörden zum Thema gemacht. Und tatsächlich: Die Europäische Bankaufsichtbehörde (Eba) hat sich daraufhin öffentlich im Econ verpflichtet, alle Kontakte mit Interessensgruppen transparent zu machen. Sie ist damit die erste EU-Agentur, die einen solchen Schritt umfassender Lobbytransparenz geht. Dagegen beharrten Eiopa und die Marktaufsichtsbehörde Esma darauf, dies weiterhin nur für ihr Spitzenpersonal zu tun. Dabei ließ Esma durchblicken, dass solche Transparenzforderungen ja nur von den Grünen erhoben würden und das sei für sie nicht maßgeblich. Das haben wir natürlich nicht auf uns sitzen lassen: Zwischenzeitlich hat der Econ mit großer Mehrheit auch Esma und Eiopa aufgefordert, alle Lobbykontakte transparent zu machen. Nun warte ich auf den Vollzug.

Vamos lá, Herr Bernardino!

 

Dieser Artikel erschien zunächst hier:  www.Versicherungsmonitor.de

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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