Sven Giegold

Ablehnung der Bankenunion: Politischer Wortbruch gegenüber den europäischen Partnern

Nachdem EU-Kommissar Michel Barnier seinen Vorschlag für eine europäische Abwicklungsbehörde samt von den Banken zu füllenden Fonds vorgestellt hat, hat die deutsche Bundesregierung den Vorschlag brüsk zurückgewiesen.

Dazu erklärt Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament und Co-Berichterstatter zur gemeinsamen Bankenaufsicht:

Die Ablehnung der gemeinsamen Bankenabwicklungsbehörde durch die europäische Kommission ist ein schwerer Berliner Wortbruch gegenüber den europäischen Partnern. Beim Gipfel des Rates im Juni 2012 hat die Bundeskanzlerin Merkel den Vorschlag für eine Bankenunion selbst unterbreitet. Noch im Dezember 2012 wurde er in den Ratsschlussfolgerungen wiederholt. Zurecht hat dabei die Bundesregierung darauf bestanden, dass erst eine europäische  Aufsicht bei der EZB eingerichtet werden muss, bevor die gemeinsame Abwicklung und Abwicklungsfonds begründet wird. Europaparlament, Kommission und Rat haben die Vorbereitungen in Rekordzeit durch die Institutionen gebracht. Das war offensichtlich zu schnell für die schwarz-gelbe Bundesregierung, die vom eigenen Wort in Wahlkampfzeiten nichts mehr wissen will.

Ihre juristischen Argumente sind vorgeschoben. Der Vorschlag der Europäischen Kommission ist mit den europäischen Verträgen vereinbar. Die Bundesregierung hat entsprechend auch niemals eine ausgearbeitete juristische Argumentation in Brüssel vorgelegt.

Die Diskussion um einen Machtzuwachs der Europäischen Kommission ist dagegen ein politisches Ablenkungsmanöver. Hier geht es nicht um einen Machtzuwachs der Kommission, sondern um einen Machtverlust der Großbanken. Sie konnten bislang den Nationalstaaten Steuerzahlergeld in dreistelliger Milliardenhöhe abpressen. Das würde beendet, wenn die Haftung für etwaige Kosten auf die Besitzer und Gläubiger der Banken sowie einen von den Banken zu finanzierenden Abwicklungsfonds übergeht. Bei der nächsten Reform der europäischen Verträge kann schließlich rechtssicher eine von der EU-Kommission unabhängige Abwicklungsinstitution eingerichtet werden.

Auch die Haushaltsrechte des Bundestags werden nicht eingeschränkt, weil ja gerade das Geld des deutschen Steuerzahlers nicht mehr zum Einsatz kommen soll. Deshalb ist auch aus Karlsruhe keine Einrede zu befürchten.

Ein europäischer Bankenabwicklungsfonds darf dagegen nur für gesunde Banken eingerichtet werden. Daher werden derzeit alle europäischen Großbanken erstmals einem Bilanztest unterzogen („asset quality review“) und dann auf dieser Basis ein erneuter Stresstest durchgeführt. Banken, die bei diesem Test fallen, müssen vor Übergabe der Verantwortung auf die europäische Ebene rekapitalisiert werden. Selbstverständlich müssen Mitgliedsstaaten das Recht behalten, die Kontrolle über kleine Banken weiterhin selbst auszuüben, wenn sie das wünschen. Von ihnen ist kein Erpressungspotential zu befürchten, wenn die Ausübung der nationalen Aufsicht effektiv kontrolliert wird. Dafür ist in Zukunft die EZB für alle Banken zuständig.

Der politische Wortbruch ist deshalb so dramatisch, weil ein zentraler Grund für die Krise in Südeuropa darin besteht, dass die Banken nicht mehr ausreichend Kredite vergeben. Erst wenn die Finanzmärkte wissen, dass alle alle Banken gesund und effektiv beaufsichtigt sind, kann sich die Krise beruhigen.  Die Sabotage an der Bankenunion bringt daher schweren wirtschaftlichen Schaden bei hohen sozialen Kosten.

Das von mir in Auftrag gegebene Gutachten von René Repasi kann hier abgerufen werden. Es zeigt, dass die Vorschläge der EU-Kommission zur Bankenabwicklung mit den geltenden europäischen Verträgen vereinbar sind: Gutachten zur rechtlichen Machbarkeit

Rubrik: Meine Themen, Wirtschaft & Währung

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