Der Wirtschafts- und Währungsausschuss (ECON) des Europäischen Parlaments hat heute über die beiden Berichte zum einheitlichen Aufsichtsmechanismus abgestimmt, die Teil der geplanten Bankenunion sind. Die Gesetzgebung zur Bankenaufsicht besteht aus einer Verordnung zur Übertragung der Aufsichtsbefugnisse an die Europäische Zentralbank (EZB) und einer Verordnung zur Anpassung der Zuständigkeiten der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA). Dem gemeinsamen Aufsichtsmechanismus bei der EZB gehören mindestens die Staaten der Eurozone an. Andere Mitgliedstaaten haben aber die Möglichkeit beizutreten. Das Europäische Parlament behandelt beide Gesetzesvorschläge als Paket und hat volle Mitentscheidungsrechte für die Änderung der EBA-Verordnung.
Die Abstimmung kommentiert der zuständige EBA-Berichterstatter Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament:
„Mit dieser Abstimmung sind wir unserem Ziel einer europäischen Bankenunion mit den drei Säulen „Gemeinsame Bankenaufsicht, gemeinsames Bankenstrukturierungssystem, gleichmäßige starke Einlagensicherung“ ein gutes Stück näher gekommen. Das Europaparlament fordert mit breiter Mehrheit der proeuropäischen Fraktionen zahlreiche Verbesserungen am Entwurf der Kommission.
Die gemeinsame Bankenaufsicht soll unter starker demokratischer Kontrolle stehen, dazu gehört nun auch das Recht zu Sonderuntersuchungen bei schweren Aufsichtsfehlern. Die Entscheidungen sollen europäischer getroffen werden. Ein geschäftsführender Ausschuss, dessen Mitglieder alle mit europäischem Mandat ausgestattet sind, soll den gemeinsamen Aufseher führen.
Unser Vorschlag, die Diversität des Bankensystems auch im Rahmen der europäischen Aufsicht sicherzustellen, ist mit breiter Mehrheit in beide Berichte aufgenommen worden. Dabei geht es darum, besondere Strukturen und Mechanismen von Bankensystemen, wie zum Beispiel die Credit Unions, Sparkassen und Genossenschaftsbanken, zu berücksichtigen und zu schützen. Die Diversität des Bankensystems hat sich gerade in der Krise als wesentlicher Garant für Stabilität erwiesen und sollte nicht durch eine ungerechtfertigte Gleichmacherei per Aufsicht und Regelsetzung behindert werden.
Die Europäische Bankenaufsicht EBA soll auch gegenüber dem gemeinsamen Aufsichtsmechanismus bei der Europäischen Zentralbank bindende Entscheidungen treffen können. Das stärkt einheitliche Standards des Binnenmarkts. Dazu trägt auch das neue Aufsichtshandbuch bei, das unter Federführung der EBA erstellt wird. Positiv zu werten ist außerdem, dass die Europäische Bankenaufsichtsbehörde nun die Kompetenz bekommen soll, bei Stresstest die von den Behörden der Mitgliedsstaaten gelieferten Daten zu überprüfen. Leider bekommt sie aber nicht die Möglichkeit, in den Mitgliedsstaaten vor Ort zu kontrollieren. Trotzdem ist damit ein wichtiger Schritt unternommen, verlorenes Vertrauen der Märkte in die Stabilität der Europäischen Bankenlandschaft wiederherzustellen.
Wir hatten eine Aufgabenverteilung zwischen dem gemeinsamen Aufsichtsmechanismus und der EBA vorgeschlagen, die den Mitgliedstaaten, die nicht Teil der Eurozone sind, aber der gemeinsamen Aufsicht beitreten wollen, noch mehr Entscheidungsrechte eingeräumt hätte. Leider konnten wir uns mit diesen Vorschlägen nicht vollständig durchsetzen. Nach der aktuellen Rechtslage können in der gemeinsamen Aufsicht bei der EZB die letzten Entscheidungen nur im Rat der EZB getroffen werden. Dort haben aber nur die Staaten der Eurozone eine Stimme. Wir hatten vorgeschlagen, dass in der EBA, wo alle Mitgliedstaaten vertreten sind, Entscheidungen der gemeinsamen Aufsicht überprüft werden können.
Das Europaparlament hat trotz der politischen Sensibilität und hoher technischer Komplexität dem Zeitdruck standgehalten und steht bereit für die Trilogverhandlungen mit dem Rat. Damit hat sich das Parlament ein großes Stück Demokratie in der Eurokrise zurückerobert. Das Ziel die gesetzlichen Grundlage für den einheitlichen Aufsichtsmechanismus noch dieses Jahres zu schaffen, kann eingehalten werden, wenn die Finanzminister sich beim ECOFIN kommenden Dienstag (4.12.) auf eine gemeinsame Position einigen können.“
Hintergrund:
Schlüsselpunkte der Arbeit des Europaparlaments zur Schaffung der Bankenunion (auf Englisch):
Regulation empowering ECB with supervisory tasks
- acting within single supervisory rulebook and handbook in EBA (Art. 4.1)
- obligation to „respect different types and size of credit institutions“ (Art. 1)
- strengthening democratic accountability and reporting (Art. 17)
- Reporting obligations also to national parliaments
- far reaching right of investigations for the European Parliament
- chair and vice chair need approval of the European Parliament (Art. 19)
- strengthening of opt-in countries
- Banking Supervisory board (Art. 19) including opt-in countries will prepare all supervisory decisions, governing council of the ECB will retain final right of decision making under an object and explain mechanism
- Requirement to respect „fair balance between the home and host rights of participating Member States“ (Art. 14)
- strengthening of the European mandate
- Steering committee with European mandate (Art. 19) of which 3 of the ECB and three non ECB individuals of high reputation
- strengthening the role of national supervisors without limiting ultimate powers of ECB (Art. 5)
- Except: credit institutions which received financial assistance
- Except: credit institutions which posed systemic risk
- strengthening rule of law:
- introduction of an internal „Board of Appeal“ (art. 15a)
- introducing the European court of justice as legal challenge (Art. 15.b)
- introducing rights of being listened and of defense before supervisory decisions are taken (Art. 17a)
- strengthening the rights of whistle-blowers (Art. 17b)
- stricter separation of monetary policy and supervision (Art. 18)
Adapting the EBA regulation
- strengthening of the common market
- Banking supervisory handbook (Art. 29)
- Strong role in stress testing (Art. 22), data collection (Art. 32) and investigations (Art. 35)
- Role of convergence of Pillar 2 measures (Art. 20a)
- treating ECB like any other competent authority, it cannot explain itself out of EBA decisions (in particular concerning breaches of EU law, art. 17, and binding mediation between authorities, art. 19)
- change of voting arrangements to require at least half the participants in the SSM and half of the others to agree, for as long as more than 4 MS are out of the SSM. This gives the „outs“ some protection against the SSM blocks dominance without given them an undue veto
- strong obligation to „respect different types and size of credit institutions“ in the interests of a diverse bankng eco-system.
- ECB does not express common view SSM Members States within EBA.
Green proposals which were not accepted
- giving opt-in countries the right to control decisions in the ECB through a binding mediation procedure in EBA
- integrating the ECB’s fees into the European budget
- ending the possibility of the ECB to adopt „regulations“
Hier gibt es die vorläufigen Kompromisspapiere (Englisch):