Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte
unsere Böden leiden unter Humusverlust, Versiegelung, Dürren, und giftigen Einträgen – um nur ein paar der vielen Bedrohungen zu nennen. Dabei sind gesunde Böden unerlässlich für unser alltägliches Leben und tragen erheblich bei zu Klima- und Artenschutz. Wir brauchen sie ebenso wie sauberes Wasser und gute Luft. Anders als bei Luft und Wasser gibt es jedoch keine allgemeinen rechtlich verbindlichen EU-Vorgaben zum Schutz der Böden. Das will das Europäische Parlament nun endlich ändern! Gestern abend (28. April 2021) stimmten wir für eine tiefgrüne Entschließung zum Schutz unserer Böden (605 Stimmen dafür, 55 dagegen, 41 Enthaltungen). Wir fordern endlich einen einheitlichen europäischen Rahmen für den Schutz und die nachhaltige Nutzung des Bodens. Die EU-Kommission soll unter anderem Gesetze zur Minimierung der Bodenversiegelung, Vermeidung der Bodenverschlechterung bis 2030 und Dekontaminierung schadstoffbelasteter Standorte vorlegen. Dabei sollen wo immer möglich die Verursacher dieser Schäden die Kosten der Sanierung tragen.
In den Verhandlungen des Beschlusses war dieser europäische rechtlich verbindliche Rahmen unsere oberste grüne Priorität. Denn vor allem Christdemokrat*innen, Europaskeptiker und Rechtsradikale stemmten sich mit Macht gegen diese Forderung. Sie versuchten die Nennung verbindlicher Gesetze aus dem Beschluss zu streichen. Am Ende waren sie in der Minderheit. Eine breite Mehrheit aus Sozialdemokrat*innen, Liberalen, Grünen und Linken stimmte für verbindliche Regeln. Wie alle deutschen EU-Abgeordneten abgestimmt haben, könnt Ihr hier nachlesen (gerne teilen!): https://twitter.com/sven_giegold/status/1387391001346650117
Ein Vorschlag der Kommission aus dem Jahr 2006 für eine EU-Bodenschutzrichtlinie wurde vom Europäischen Parlament unterstützt. Im Rat der Mitgliedstaaten wurde der Vorschlag jedoch über Jahre blockiert – vor allem von der deutschen Bundesregierung. Wir fordern heute einen zweiten Anlauf, denn unseren Böden geht es nicht besser als vor 15 Jahren – im Gegenteil!
Böden sind eine kostbare Ressource. Einmal zerstört, dauert es 1.000 Jahre, bis ein Zentimeter Oberboden entsteht. Doch 60–70% der Böden in der EU sind aufgrund der derzeitigen Bewirtschaftungspraktiken nicht gesund. Es gibt rund drei Millionen kontaminierte Flächen in Europa, von denen 340 000 voraussichtlich saniert werden müssen. Gesunde Böden sind für den Klimaschutz von entscheidender Bedeutung, da sie jedes Jahr etwa 25 % der Treibhausgase abbauen oder speichern, die durch die weltweite Nutzung fossiler Brennstoffe freigesetzt werden. Aber gerade die so wichtige Humusschicht unserer Böden droht weiter zu verschwinden. Humus speichert Wasser, Nährstoffe und Kohlenstoff. Er ist damit unersetzlich für fruchtbare und artenreiche Böden und den Klimaschutz. Intensiv bewirtschaftete Ackerböden enthalten jedoch durchschnittlich deutlich weniger Humus als naturbelassene Wälder und Grünland. Gerade nicht nachhaltige Praktiken in der Land- und Forstwirtschaft tragen zum Humusverlust bei. Dazu gehören die intensive Bodenbearbeitung und die fehlende Einbringung von organischen Stoffen wie Ernterückständen. Auf unsere grüne Initiative fordert daher das Europaparlament von den Mitgliedstaaten und der EU-Kommission, in den Umsetzungsplänen der Gemeinsamen Agrarpolitik den Bodenschutz zu gewährleisten. Wir müssen also sehr viel größere Anstrengungen unternehmen, um unsere Böden zu schützen.
Der heutige Beschluss hat keine direkten rechtlichen Auswirkungen. Er legt jedoch eine klare Position des Europaparlaments fest – und gibt damit der EU-Kommission den Auftrag, ambitionierte Gesetzesvorschläge zum besseren Schutz unserer Böden vorzulegen. Auch wenn diese Bemühungen seit mehr als 15 Jahren stocken, sind jetzt die Chancen auf Umsetzung ungleich besser. Denn seit den Europawahlen und dem Europäischen Green Deal scheinen handfeste Veränderungen zum Greifen nahe und die EU-Kommission arbeitet bereits an ersten konkreten Vorschlägen zum Schutz unserer Böden. Als ersten Schritt wird die EU-Kommission noch im Mai einen Null-Schadstoff-Aktionsplan für Luft, Wasser und Boden vorstellen. Gegen Ende des Jahres folgt ein Vorschlag für rechtsverbindliche EU-Ziele zur Wiederherstellung der Natur. Dafür hat sie nun die volle Unterstützung des Europaparlaments.
Mit grünen europäischen Grüßen
Sven Giegold
P.S.: Webinar mit Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock & Bestseller-Autorin Julia Friedrichs: „Working Class: Menschenwürdige Arbeit für alle ist möglich”. Jede*r Fünfte in Deutschland arbeitet im Niedriglohnsektor. Für Löhne, die nicht zum Leben reichen. Politik kann das ändern. Samstag, 1.5., 20 Uhr. Hier anmelden und mitdiskutieren.
Link zum beschlossenen Text: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/TA-9-2021-0143_DE.html