Sven Giegold

Die verlogene Debatte zur NGO-Transparenz

Über zwei Jahre lang haben die Christdemokraten und ihre europäischen Partnerparteien gegen verbindliche Regeln zu Lobbytransparenz im Europaparlament gekämpft. In 25 Änderungsanträgen haben sie versucht, meinen Bericht zu “Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht in den EU-Institutionen” im Plenum abzuschwächen. In weiteren Anträgen haben sie versucht, neue Regeln für NGOs und ihre Finanzierung durchzusetzen. Alle anderen Parteien im Europaparlament haben diese Anträge abgelehnt. Diese Versuche sind verlogen. Das erkennt man an Inhalt und Methode.

 

Zum Inhalt

Mein Bericht fordert mehr Transparenz für alle Interessenvertreter. Sie gelten für die Wirtschaft, Gewerkschaften und selbstverständlich auch für NGOs. Ich selbst habe lange Jahre in Nichtregierungsorganisationen für Transparenz gestritten. Auf meinen Vorschlag hin fordert der Bericht, die Finanzierung von allen Lobbyorganisationen ab Beträgen von 3.000 Euro offenzulegen. Das betrifft auch NGOs und Verbände. Denn wer politisch in einer Demokratie Einfluss nehmen will, muss transparent handeln. Zudem gelten die Karenzzeiten für EU-Kommission auch für Seitenwechsel zu NGOs. All das gilt auch für alle anderen Vorschläge meines Berichts. Da darf es keine zweierlei Maßstäbe geben.

Die Änderungsanträge der Christdemokraten (EVP) und Markus Pieper (CDU) sind dagegen einseitig. Sie fordern besondere Transparenzregeln für Nichtregierungsorganisationen. Sie üben einseitige Kritik an den NGOs. Die Christdemokraten wollen Organisationen, die durch eine staatliche Gesinnungsprüfung fallen, den Geldhahn abdrehen. Eine staatliche Behörde soll bewerten, ob die Organisationen auf der Basis überprüfbarer Fakten argumentieren oder Unwahrheiten zu verbreiten. Staatliche Wahrheitsprüfungen passen zu Russland, Kuba oder Venezuela – nicht aber zur Meinungsfreiheit Europas. Das ist der Demokratie in Europa unwürdig.

 

Zur Methode

Mein Bericht wurde über ein Jahr lang durch Christdemokraten, Liberale aber auch Sozialdemokraten verzögert. In den zwei Jahren der Beratungen haben die Christdemokraten niemals schärfere Transparenz-Regeln für Nichtregierungsorganisationen gefordert. Markus Pieper hat mich als Berichterstatter niemals angesprochen. Stattdessen brachte er sehr ähnliche Anträge in den Haushaltskontrollausschuss ein. Dort wurde parteiübergreifend vereinbart, die Anträge gründlich zu beraten. Gegen diese Absprache brachte nun die EVP die Anträge auf Plenarebene ohne jedes Gespräch ein – wissend, dass sie parteiübergreifend chancenlos sind. Es ging daher offensichtlich um ein Ablenkungsmanöver vom Widerstand der Christdemokraten gegen starke und verbindliche Regeln für Transparenz, Integrität und Rechenschaftspflicht. Für mehr Transparenz für alle, die politisch Einfluss nehmen, bin ich immer ansprechbar. Die Änderungsanträge sind eine PR-Aktion.

 

Der Text des zentralen Änderungsantrags der EPP ist hier nachzulesen und spricht für sich selbst:

„44 a. Calls for the EU public procurement directives to be amended for political active organisations in such a way that organisations are eligible for funding only if they argue by means of verifiable facts; calls for recipients, before they receive funding, to give a corresponding undertaking and for the Commission and Court of Auditors to conduct appropriate random checks; rejects any funding of organisations which demonstrably disseminate untruths and/or whose objectives are contrary to the fundamental values and/or policy objectives of the European Union;“

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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