Sven Giegold

ESM hat ohne Banklizenz keinen Zugang zum EZB Geldhahn

Braucht der ESM eine Bankenlizenz oder nicht?

In einem Aufsatz in der FAZ am vergangen Samstag behauptet der Autor Prof. Stefan Homburg, dass eine Bankenlizenz für den ESM überflüssig sei und beruft sich auf Artikel 32 Absatz 9 des Statuts des ESM. Heute macht die Zeitung daraus, dass der ESM bereits eine Lizenz habe. Dahinter verbirgt sich die Aussage, dass es für den Rettungsschirm möglich wäre, die Europäische Zentralbank anzuzapfen und mit scheinbar unerschöpflichen Mitteln Staatsanleihen von Krisenländern aufzukaufen. Die Risiken der EZB trügen im Endeffekt l Mitgliedsländer der Eurozone.

Allerdings ist die Sache etwas komplizierter. Der Verweis auf die Klausel im Statut reicht nicht aus, aus dem ESM eine Finanzinstitution mit Zugang zu Zentralbankgeld zu machen. Von Mitarbeitern des EFSF (dem Vorgänger des ESMs, der auf das am 12. September erwartete Urteil des Bundesverfassungsgerichts wartet) wurde uns versichert, dass dafür erst folgende Schritte abgearbeitet werden müssten:

Erstens müsste der EFSF oder später der ESM bei der lokalen Aufseher eine Banklizenz beantragen. In diesem Falle wäre das die Luxemburger Zentralbank, weil der Rettungsschirm dort ansässig ist. Für einen solchen Antrag muss das Direktorium des EFSF/ESM sein okay geben. Die Direktoren sind die Regierungen der Eurogruppe.

Zweitens müsste die Europäische Zentralbank einem Antrag des ESM auf Zugang zu Refinanzierungsgeschäft stattgeben. Insbesondere müssten die Voraussetzungen des Artikels 123 AEUV erfüllt sein. Die Auslegung dieser Norm ist nach wie vor hoch umstritten. Kurz gesagt verbietet sie die Vergabe von Krediten durch die EZB (Kreditgewährungsverbot) an den gesamten Staatssektor der EU und der Mitgliedsstaaten, einschließlich sonstiger Einrichtungen des öffentlichen Rechts und öffentlicher Unternehmen.(1) Ob und wie sich der ESM dieser Liste entziehen kann, ist ungeklärt.

Daraus ergibt sich ganz klar, dass der ESM (noch) keine Bankenlizenz hat. Prof Homburg und die FAZ liegen damit falsch. Dorthin ist es noch ein technisch und politisch steiniger Weg. Artikel 32 Absatz 9 bedeutet letztlich nur, dass der ESM keiner besonderen Lizenz bedarf, um seinen laut Statut vorgesehen Aufgaben nachzugehen. Diese hat Homburg in seinem Aufsatz bereits selbst genannt: Der Rettungsschirm soll Geld von den Mitgliedsländern “abrufen” und mit diesen als Sicherheiten dann unbeschränkt Anleihen am Kapitalmarkt aufnehmen (siehe auch Artikel 21 des ESM Statuts). Mit einer Bankenlizenz oder einer automatischen Gleichstellung des ESM mit einer Finanzinstitution hat das jedoch nichts zu tun.

Gute Argumente für eine ESM-Banklizenz hat mein Kollege Gerhard Schick genannt: Sie spart Kosten & ermöglicht demokratische Kontrolle, die bei der EZB fehlt:
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2012-08/24195850-saarbruecker-zeitung-gruenen-finanzexperte-schick-sieht-vorteile-bei-banklizenz-fuer-esm-kritik-an-der-bundesregierung-007.htm

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(1) C. O. Lenz und J. Bitterlich. EU-Verträge : Kommentar nach dem Vertrag von Lissabon. Bundesanzeiger, Köln, 2010, Art. 123-125, Rn. 2.

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Rubrik: Wirtschaft & Währung

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