Sven Giegold

EU Kommission mit Weitblick: Gerechte Reformen statt Steuersenkungen – Jetzt ist Schwarz-Gelb gefordert‬

Gestern haben die Staats- und Regierungschefs beim Europäischen Rat den Empfehlungen der Kommission zu nationalen Reformprogrammen zugestimmt. Darin werden in einer neuen Form von Politikkoordinierung, auch Europäisches Semester genannt, Ziele zur wirtschaftspolitischen Steuerung in der EU niedergelegt.‬

‪Im Gegensatz zu den jüngsten realitätsvergessenen Steuersenkungsversprechen der Bundesregierung enthalten Sie vernünftige Elemente.

‪Für Deutschland formuliert die Kommission für den Zeitraum 2011-2012 folgende Empfehlungen:‬

  • Der begonnene Wachstums- und Konsolidierungskurs muss insbesondere durch Sicherstellung angemessener Bildungsausgaben und durch weitere Erhöhung der Effizienz der öffentlichen Ausgaben für Gesundheitswesen und Langzeitpflege weitergeführt werden.
  • Außerdem muss ein gerechter Zugang zum allgemeinen und beruflichen Bildungssystem sichergestellt und die hohe Steuer und Abgabenbelastung für Geringverdiener haushaltsneutral(!) verringert werden.
  • Notwendig ist Entbürokratisierung in einigen hochregulierten Dienstleistungssektoren mit schlechtem Marktzutritt.
  • Eine Erhöhung der Zahl der ganztägigen Kinderbetreuungsplätze und Ganztagsschulen ist wichtig.

Wir begrüßen diese Empfehlungen, die vor allem darauf abzielen, Einkommens- und auch Chancenverteilung in der Bundesrepublik zu verbessern. Damit beweist die Kommission einen gewissen Weitblick, den sie leider im Bereich Economic Governance, mit ihrer starken Fixierung auf staatliche Ausgabenreduzierung beim Schuldenabbau anstatt Einnahmenerhöhung, vermissen ließ.‬

Die Bundesregierung hat diese Empfehlungen beim gestrigen Ratstreffen akzeptiert und sich damit zur Umsetzung bereit erklärt. Jetzt muss sie zeitnah einen Umsetzungsplan liefern. Wir können nicht mehr ökonomische Koordinierung in der EU fordern und selbst bei der Realisierung versagen. Nun bleibt nur noch zu hoffen, dass diese sinnvollen Vorschläge nicht in Koalitionsgezänk und Klientelpolitik untergehen.‬

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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