Financial Times Deutschland vom 12.10.2012
EU-Parlament päppelt EBA
Berichterstatter Sven Giegold fordert, dass Europas Bankenaufsicht aufgewertet wird
Mark Schrörs, Peter Ehrlich, Brüssel, und Timo Pache, Tokio
Im Ringen um eine Reform der Bankenaufsicht in Europa wollen Europaparlamentarier die bereits bestehende Behörde EBA stärken. Demnach soll die EBA die Europäische Zentralbank (EZB) im Notfall überstimmen können, wenn diese künftig zur starken Aufsicht im Euro-Raum wird. Der Finanzexperte der Grünen, Sven Giegold, fordert in einem am Donnerstag vorgestellten Bericht, die EBA solle „bindende Entscheidungen“ treffen können, wenn sie Maßnahmen oder Untätigkeit der EZB korrigieren will – wie bei nationalen Aufsehern auch.
Grundsätzlich plädiert Giegold dafür, die EZB als „gewöhnlichen Aufseher“ zu behandeln. Die vertraglich festgelegte Unabhängigkeit etwa solle für Aufsichtstätigkeiten nicht gelten. Als Berichterstatter hat Giegold großen Einfluss auf die Debatte im Parlament. Er muss seine Position aber mit allen Fraktionen abstimmen. Die Abgeordneten müssen sich zudem mit den Regierungen einigen.
Giegold geht mit seinem konkreten Vorschlag zum Verhältnis zwischen EBA und EZB in einem sensiblen Punkt der Diskussion über die Vorschläge der EU-Kommission hinaus. Sie hatte sich bei der Frage, wer bei Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden Institutionen das letzte Wort hat, recht vage gehalten. Hintergrund ist, dass die EU-Verträge der EZB eine starke Rolle einräumen. Die Kommission setzt aber auch darauf, dass es in der Praxis selten zu solchen Konflikten kommt.
Die Euro-Staats- und Regierungschefs wollen die EZB zur starken Aufsicht im Währungsraum machen. Das gilt als ein erster Schritt auf dem Weg zu einer Bankenunion und soll helfen, die Euro-Schuldenkrise zu beenden.
Nach dem Willen der Kommission soll die EZB wesentliche Aufgaben der nationalen Aufseher übernehmen und etwa Banklizenzen vergeben und entziehen können. Die EBA koordiniert derzeit die 27 nationalen EU-Aufseher, hat aber auch weitergehende Rechte, etwa wenn es Streit unter den Behörden gibt. In solchen Fällen will Giegold nun mehr Handhabe für die EBA. Auch insgesamt zielt sein Vorschlag darauf ab, die EBA mehr zu stärken, als es der Kommissionsvorschlag vorsieht. So will Giegold die Bedenken der Nicht-Euro-Länder gegenüber der neuen Euro-Aufsicht zerstreuen. Diese Staaten fürchten, dass das neue System künftig von der EZB dominiert wird. Dem will der Berichterstatter auch dadurch begegnen, dass er Entscheidungsmechanismen in der EBA grundlegend verändert.
Prinzipiell sähe es Giegold am liebsten, wenn die Aufsicht im Euro-Raum von einer neuen Institution übernommen würde. Da das aber kurzfristig nicht möglich ist, will er die bestehenden Vorschläge so abändern, dass sie den zehn Nicht-Euro-Ländern stärker entgegenkommen.
Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) forderte am Donnerstag, die neue Bankenaufsicht müsse stärker als bisher die Interessen und Mitspracherechte jener zehn EU-Staaten berücksichtigen, die nicht Mitglied der Euro-Zone sind. Er fürchtet zudem bei der EZB Interessenkonflikte zwischen Geldpolitik und Aufsicht. Er plädiert daher dafür, den Ansatz neu zu überdenken. EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy dagegen pochte am Donnerstag darauf, bis Jahresende müsse eine Einigung gefunden sein. Das geht de facto nur, wenn die EZB die neue Rolle übernimmt.