Sven Giegold

Finanztransaktionssteuer:
Parlament fordert Regierungen zur Eile und zur Bekämpfung von Steuerumgehungsmöglichkeiten auf

Heute hat der Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) im Europaparlament über seine Änderungsvorschläge zum Kommissionsvorschlag für eine Europäische Finanztransaktionssteuer (FTT) abgestimmt (1).

Die Abstimmung kommentiert Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament:

“Im Jahr 4 seit Ausbruch der Finanzkrise ist es noch immer nicht gelungen, den Finanzsektor relevant an den Kosten zu beteiligen. Gesetzgeber weltweit haben es nicht geschafft, die Märkte mit Hilfe einer Finanztransaktionssteuer zu entschleunigen und auf die Unterstützung der Realwirtschaft zu orientieren. Wegen des starken Drucks aus Europaparlament und Zivilgesellschaft konnte die Kommission im vergangenen Jahr überzeugt werden, einen Vorschlag zur Einführung einer umfassenden FTT vorzulegen. Jetzt müssen sich die Mitgliedstaaten rasch einigen und die Besteuerung von Transaktionen in ihren Ländern zum Wohle der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler umsetzen.

Unsere Änderungsanträge für die Einrichtung eines dauerhaften Komitees zur Bekämpfung von Steuervermeidung bei der FTT hat der Ausschuss mit breiter Mehrheit angenommen. Zu einer allgemeinen Missbrauchsregel konnten sich die konservativen Abgeordneten nicht durchringen. Das Komitee soll neben der Umsetzung auch die effektive Besteuerung von Finanztransaktionen in den Mitgliedsstaaten überwachen, um mit administrativen Maßnahmen gezielt auf Steuerhinterziehung reagieren zu können. Das erhöht die Unsicherheit schon bei der Entwicklung von Steuerumgehungsmodellen und macht sie somit wirtschaftlich unattraktiv. Außerdem haben die Abgeordneten für eine Ergänzung des Wohnsitzlandsprinzips um das Ausgabeprinzip und das Ansässigkeitsprinzip gestimmt.

Wenn die britische Regierung sich im Rat weiterhin querstellt und die notwendige Regulierung gegen die Mehrheitsmeinung in ihrer Bevölkerung blockiert, muss die Bundesregierung in einer Koalition der Willigen für die Einführung der FTT mit einer breiten Bemessungsgrundlage in verstärkter Zusammenarbeit kämpfen. Zudem wollen wir, dass ein substantieller Teil der Einnahmen in globale öffentliche Güter, wie Armutsbekämpfung und Klimaschutz fließt. Beides wir nur gelingen, wenn Zivilgesellschaft, Gewerkschaften und Kirchen den Druck aufrecht erhalten, damit all die Kampagnen für eine Spekulationssteuer nicht kurz vor dem Erfolg noch scheitern.“

(1) Gemäß dem vorliegenden Entwurf soll die FTT mit einer breiten Bemessungsgrundlage in der gesamten EU eingeführt werden. Für Derivate liegt der geplante der Steuersatz bei 0,01%, bei Aktien, Anleihen, usw. bei 0,1%. Um Verlagerungen von Geschäften einzuschränken, will die Kommission die Steuer nicht am Ausführungsort des Geschäfts, sondern am Sitz des Auftraggebers erheben. Es wären damit auch Transaktionen steuerpflichtig, die außerhalb der EU durchgeführt werden.

Die Grünen haben konkrete Vorschläge eingebracht, die Verlagerungsstrategien und Missbrauch weiter einschränken können.

Vgl. Änderungsanträge 34, 158 und insbesondere 168 zum Berichtsentwurf der Berichterstatterin Anni Podimata:
http://www.europarl.europa.eu/meetdocs/2009_2014/documents/econ/am/894/894757/894757de.pdf

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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