Sven Giegold

FinCENfiles: Globalisierung des Verbrechens braucht europäische Reaktion

Nach monatelanger Recherche in 88 Ländern mit über 400 beteiligten Journalist*innen veröffentlichte heute das Internationale Netzwerk investigativer Journalisten ICIJ zusammen mit US-Investigativ-Medienunternehmen BuzzFeed einen neuen Leak: Erstmals geben Geldwäscheverdachtsmeldungen an die US-Anti-Geldwäschebehörde FinCEN (Financial Crimes Enforcement Network) einen Einblick in kriminelle Geschäfte bei den Großbanken inkl. der Deutschen Bank und der Commerzbank. FinCEN ist u.a. die amerikanische Financial Intelligence Unit (FiU), die Geldwäscheverdachtsmeldungen von Banken und anderen verpflichteten Unternehmen analysiert. Die bisherigen Leaks bei ICIJ wie die Panama Papers, Paradise Papers, Offshore leaks, LuxLeaks und Mauritius Leaks bezogen sich entweder vor allem auf Steuern oder erlaubten keinen Einblick in die Vorgänge innerhalb der Banken und der Reaktionen der Geldwäscheaufsicht. Der Leak ist jedoch nur ein Bruchteil aller Geldwäscheverdachtsmeldungen in den USA und daher statistisch nicht aussagefähig.

 

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen/EFA im Europäischen Parlament erklärt:

“Dieser Weckruf kommt zur rechten Zeit! Es ist skandalös, dass internationale Großbanken auch nach der globalen Finanzkrise Geldwäsche in großem Stil zulassen. Alle Versprechen der globalen Banken, die Finger von kriminellem Geld zu lassen, sind spätestens jetzt unglaubwürdig geworden. Es ist Staatsversagen in großem Stil, dass staatliche Behörden sich seit Jahren unfähig zeigen, diesem Treiben ein Ende zu bereiten. Mit einem erfolgreichen Kampf gegen Steuerdumping und Finanzkriminalität wären die öffentlichen Kassen voll statt leer.

Wir Grünen werden im neuen Steuer-Ausschuss des Europaparlaments eine Auswertung und eine Anhörung zu den neuen Leaks auf den Weg bringen. Interessant dürfte vor allem sein, wann genau welche der beteiligten Banken zuletzt fragwürdige Geschäfte gemacht hat. Hier sind die neuen Medienberichte oft unklar.

Auf allen Ebenen benötigt der Rechtsstaat eine Stärkung der Verfolgung von Finanzkriminalität. Die Globalisierung des Verbrechens braucht eine europäische Reaktion. Die gemeinsame Geldwäscheaufsicht mit einer europäischen Financial Intelligence Unit muss jetzt rasch kommen. Der Widerstand vieler Mitgliedstaaten gegen eine europäische FiU ist ein Skandal im Angesicht der neuen Enthüllungen. Wenn das Verbrechen international ist, darf die Strafverfolgung nicht national bleiben.

Auch in Deutschland muss die große Zahl an Geldwäscheskandalen endlich wirksame Konsequenzen haben. Deutschland braucht eine schlagkräftige Financial Intelligence Unit (FiU), wie es das europäische Recht vorsieht. Das verschärfte Unternehmenssanktionsrecht muss nun zügig ohne weitere Verwässerungen von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. Alle Bundesländer müssen die zuständigen Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften stärken. Die strengsten Gesetze sind nichts wert, wenn die Strafverfolgungsbehörden ausgehungert werden.”

 

Links zu den #FinCENfiles Enthüllungen: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/fincenfiles-geldwaesche-deutsche-bank-1.5038476

https://www.tagesschau.de/investigativ/ndr-wdr/fincen-files-geldwaesche-101.html

https://www.icij.org/investigations/fincen-files/global-banks-defy-u-s-crackdowns-by-serving-oligarchs-criminals-and-terrorists/