Sven Giegold

Geldwäscher dürfen feiern: EU-Mitgliedstaaten lehnen Schwarze Liste von Hochrisikoländern ab

Heute haben die Justiz- und Innenminister der EU einstimmig den Vorschlag der EU-Kommission für eine verschärfte Schwarze Liste von Geldwäsche-Staaten abgelehnt. Frankreich und Großbritannien wollen Saudi-Arabien und andere Länder von der Liste streichen. Spanien stellt sich schützend vor Panama. Die Vereinigten Staaten üben massiven Druck aus, weil vier US Jurisdiktionen auf der Liste stehen.

Für das Europäische Parlament haben die beiden zuständigen Ausschüsse ECON (Wirtschaft und Währung) und LIBE (bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres) ihre Zustimmung zur Liste der EU-Kommission signalisiert. Nach der Ablehnung durch die Mitgliedstaaten muss die EU-Kommission an einer neuen Schwarzen Liste arbeiten. Solange Rat und Parlament keine Einigung erzielen, gilt die bestehende Schwarze Liste. Sie enthält statt den von der EU-Kommission jüngst vorgeschlagenen 23 Drittstaaten nur 16 Länder.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Die Ablehnung der Liste durch die Minister lässt Geldwäscher feiern. Die Entscheidung ist ein Geschenk für Finanzkriminelle. Geldwäsche ist ein Sicherheitsrisiko für Europa. Mit ihrer Entscheidung setzen die Minister die Sicherheit in Europa aufs Spiel. Die europäischen Regierungen haben sich auf die Seite von Autokraten gestellt statt auf die ihrer Bürger. Saudi-Arabien, Panama und die Vereinigten Staaten dürfen aufatmen. Die Schwarze Liste ist ein wichtiges Instrument gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die EU-Kommission hat eine mutige Liste vorlegt, die aber immer noch unvollständig war. Die Methodenkritik der Bundesregierung ist fadenscheinig. Wieder einmal blockiert die Bundesregierung gemeinsam mit anderen EU-Staaten wichtige Beschlüsse von EU-Parlament und Kommission gegen Finanzkriminalität. Die Bundesregierung wird zum notorischen Blockierer in der europäischen Finanzpolitik.

Es ist grotesk, dass Justizministerin Barley die Position der Sozialdemokraten im EU-Parlament konterkariert. Sozialdemokraten, Liberale und Grüne hatten die scharfe Liste im Europaparlament durchgesetzt. Nun hat ein sozialdemokratischer Finanzminister und eine sozialdemokratische Justizministerin genau diese Liste vorläufig beerdigt.

Die Europäische Kommission muss an ihrer Methodik festhalten. Die Liste müssen eigentlich länger statt kürzer werden. Statt die Liste weichzuspülen, sollte die EU-Kommission auch Russland, Aserbaidschan, die Vereinigten Arabischen Emirate und andere Geldwäschestaaten aufnehmen. Wir werden den Rat der Mitgliedsländer beim Wort nehmen, an einem starken Instrument gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung zu arbeiten. Um sich nicht angreifbar zu machen, sollte die Kommission ihre Länderbewertungen so schnell wie möglich veröffentlichen.”

 

Hintergrund

Der Ausschuss der Ständigen Vertreter hat am 5. März den europäischen Justiz- und Innenministern die Ablehnung der Schwarzen Liste von Geldwäsche-Staaten empfohlen ohne triftige Gründe dafür anzugeben:

https://data.consilium.europa.eu/doc/document/ST-6964-2019-REV-1/en/pdf

 

Am 13. Februar hatte die EU-Kommission eine neue Schwarze Liste von 23 Hochrisikoländern für Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung präsentiert. Die Kommission legte die Liste in Form einer delegierten Verordnung vor. Das Europäische Parlament und der Rat der Mitgliedstaaten hatten einen Monat Zeit, die Schwarze Liste abzulehnen. Ohne Ablehnung wäre die Liste nach Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft getreten.

Die Kommission hat die Bewertungen der 54 bisher untersuchten „Priorität-1-Länder“ nicht veröffentlicht. Daher habe ich bei der Generaldirektion Justiz und Verbraucher (DG JUST) einen Antrag auf Zugang zu Dokumenten gestellt, in dem die Kommission aufgefordert wird, die Bewertungen aller untersuchten Länder offenzulegen. Sie können meiner Dokumentenanfrage hier folgen:

https://www.asktheeu.org/en/request/eu_commissions_assessments_of_54

Die Kommission hat die erste Schwarze Liste 2016 veröffentlicht und in den vergangenen Jahren mehrfach angepasst. Seit Verabschiedung der Fünften Geldwäsche-Richtlinie wurden die Kriterien, nach denen ein Drittland bewertet wird, erheblich erweitert. Zum ersten Mal ist die EU im Kampf gegen die Geldwäsche weiter gegangen als die nicht zufriedenstellenden Kompromisse in der FATF. Das EU-Parlament, allen voran die Grünen, hatte die Kommission wiederholt aufgefordert, eine eigene Bewertung von Drittländern vorzunehmen. Die von der Kommission vorgelegte Schwarze Liste mit 23 Hochrisikodrittländern ist im Anhang der delegierten Verordnung zur Ergänzung der Fünften Geldwäsche-Richtlinie zu finden:

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/commission-delegated-regulation_hrtc.pdf

https://ec.europa.eu/info/sites/info/files/annex_commission_delegated-regulation_hrtc.pdf

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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