Sven Giegold

Gesetzliche Abschlussprüfungen:
Erfolgreiches Lobbying der Finanzindustrie zeigt Dringlichkeit starker Regulierung

Die Europäische Kommission hat heute Vorschläge zur stärkeren Regulierung gesetzlicher Abschlussprüfungen angenommen. Die Grünen kritisieren, dass die endgültigen Beschlüsse im Vergleich zu früheren Entwürfen auf den letzten Metern stark verwässert wurden. Jetzt ist es Aufgabe von Europaparlament und Rat, die Gesetze wieder zu stärken. Sven Giegold, finanz- und wirtschaftspolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament kommentiert die Vorschläge:

„Dem Oligopol der Prüfer, das schon in der Finanzkrise versagt hat, ist es gelungen, die Gesetzesvorschläge der Kommission auszuhöhlen und zu verwässern. Dies zeigt einmal mehr, dass die Marktmacht der vier großen Wirtschaftsprüfungsunternehmen gebrochen werden muss. Unabhängig davon, ob die unzureichenden Prüfungen Folge von Selbstgefälligkeit, Interessenkonflikten oder Fahrlässigkeit sind, ist eine stärkere Regulierung essentiell. Nachdem die Vorschläge der Kommission zurechtgestutzt wurden, ist es nun Aufgabe des Europaparlaments, unabhängig vom Lobbydruck eine härtere Regulierung sicherzustellen.

Auflagen zur obligatorischen gemeinsamen Prüfung durch verschiedene Prüfer wären ein wichtiger Schritt zur Verringerung der Dominanz der “großen Vier”. Außerdem müssen Unabhängigkeit, striktere Überwachung und eine höhere Qualität der Audits gewährleistet werden. Das Europaparlament hat zuvor schon die Entwicklung eines europaweiten Haftungsregimes für den Berufsstand und eine gründliche Untersuchung des Marktes für Abschlussprüfungen durch die EU-Wettbewerbsbehörde gefordert. Wir bedauern, dass dies nicht in die endgültigen Vorschläge der Kommission eingeflossen ist. Die Grünen werden im Gesetzgebungsprozess für diese Punkte kämpfen.

Die Trennung von Wirtschaftsprüfungs- und anderen Dienstleistungen ist ein entscheidender und begrüßenswerter Schritt, um Interessenkonflikte zu vermeiden. Neben der obligatorischen Rotation von Wirtschaftsprüfern müssen aber Alternativen zur Praxis entwickelt werden, dass die Unternehmen ihre Prüfer selbst bezahlen und bestimmen. Wir begrüßen, dass die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) eine neue aufsichtsrechtliche Rolle einnehmen wird.“

Rubrik: Meine Themen, Wirtschaft & Währung

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