Sven Giegold

Globale Mindeststeuer: Fortschritt für die Steuergerechtigkeit mit Wermutstropfen

Gestern Abend, den 1. Juli, hat sich das sogenannte OECD/G20 “Inclusive Framework on Base Erosion and Profit Shifting” auf eine internationale Unternehmenssteuerreform geeinigt. Die Länder einigten sich auf einen effektiven Mindeststeuersatz von 15% oder mehr, sowie auf eine Formel, mit der die Besteuerungsrechte für einen Teil der Überschussgewinne von multinationalen Unternehmen umverteilt werden sollen. 139 Länder sind Mitglied dieser internationalen Arbeitsgruppe für ein inklusives Rahmenwerk, um Gewinnverschiebung in Niedrigsteuerländer sowie eine künstliche Verkleinerung der Steuerbemessungsgrundlage von Großunternehmen zu begrenzen.

130 der 139 Mitgliedsländer haben dieser Einigung zugestimmt. Die EU-Staaten Irland, Ungarn und Estland sind drei der neun Länder, die ihre Zustimmung verweigert haben. Nigeria, Kenia, Sri Lanka, Barbados und die Karibikinsel St. Vincents und die Grenadinen stimmten ebenfalls gegen die Einigung, Peru enthielt sich. EU-Mitglied Zypern ist nicht einmal Mitglied des OECD/G20 Inclusive Framework. Damit sind vier EU-Mitgliedstaaten nicht Teil dieser Einigung.

Sven Giegold, finanzpolitischer Sprecher der Fraktion Grüne/EFA im Europäischen Parlament, erklärt:

“Die globale Mindeststeuer ist ein großer Fortschritt für die Steuergerechtigkeit. Der jahrelange Einsatz gegen das Steuerdumping von Großunternehmen trägt jetzt Früchte. Auch dank der US-Regierung erleben wir eine historische Wende in der internationalen Steuerpolitik. Nach dem Beschluss ist nun die Umsetzung in Europa entscheidend. Es ist ein Trauerspiel, dass vier EU-Länder sich nicht an der Mindessteuer beteiligen. Der Druck auf europäische Steueroasen wie Irland darf nicht nachlassen. Ein Wermutstropfen ist, dass der Steuersatz nur 15 statt 21 Prozent betragen soll. Ein Steuersatz von 15 Prozent ist gut, aber 21 Prozent wären besser. Im Vergleich zu einem Steuersatz von 21 Prozent, halbieren sich bei 15 Prozent die Einnahmen der EU-Länder. Mit 21 Prozent würden die EU-Länder 100 statt nur 50 Milliarden zusätzliche Steuereinnahmen verbuchen. DIe USA haben schon erklärt, dass 21% anwenden werden. Da es sich um einen Mindeststeuer handelt, sollten die EU-Länder nun 21 statt 15 Prozent als Steuersatz einführen. Nach der Corona-Krise sind die öffentliche Kassen leer und für die anstehenden Zukunftsinvestitionen sind die Steuereinnahmen dringend notwendig. Da Irland, Ungarn und Estland ihre Zustimmung verweigert haben, sollten anderen EU-Mitgliedstaaten schon jetzt mit einer ehrgeizigen Einigung vorangehen. Die Bundesregierung sollte sich nun auf europäischer Ebene für einen Steuersatz von 21 Prozent einsetzen. Ein Konsens der EU-Staaten ist zwar wünschenswert aber nicht notwendig.”

OECD/G20 Inclusive Framework Beschluss 1. Juli: https://www.oecd.org/tax/beps/statement-on-a-two-pillar-solution-to-address-the-tax-challenges-arising-from-the-digitalisation-of-the-economy-july-2021.pdf

Studie der EU-Steuerbeobachtungsstelle zu den Einnahmen von einer effektiven Mindeststeuer für Unternehmen in Höhe von 25, 21 oder 15 Prozent. Für Deutschland würde ein Mindeststeuersatz von 15% 1 Milliarde Euro weniger Steuereinnahmen pro Jahr bedeuten, verglichen mit einem Steuersatz von 21%. Bei einem Mindeststeuersatz von 21 % würde die EU im Jahr 2021 etwa 100 Mrd. € zusätzlich einnehmen. Ein Wechsel von 21 % auf 15 % würde die zusätzlichen Steuereinnahmen in der EU halbieren.  https://www.taxobservatory.eu/wp-content/uploads/2021/06/EUTO2021-1.pdf

P.S.: Eil-Petition: EU-Agrarpolitik darf die Klimakrise nicht weiter anheizen, Agrarwende jetzt! – In Brüssel steht in diesen Wochen eine der wichtigsten Entscheidungen für den Klima- und Umweltschutz an: Es geht um die Zukunft der EU-Agrarpolitik. Doch im Rat der Mitgliedsländer blockiert Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner die Agrarwende für mehr Klima-, Umwelt- und Tierschutz. Helft mit diese Blockade zu beendet und unterzeichnet unsere Eil-Petition hier: www.change.org/agrarwende-jetzt 

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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