Sven Giegold

Green Deal Day: Svens Checkliste

Heute stellt Kommissionspräsidentin von der Leyen dem Plenum des Europäischen Parlaments ihren Green Deal für Europa vor. Auf folgende Punkte sollte man dabei genau achten, meint Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europaparlament:

1. Klimaziele
Es ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung, wenn Ursula von der Leyen nun die EU-Klimaziele anschärft. Der Konflikt zwischen den Mitgliedsländern um die Klimaneutralität 2050 darf nicht vom Handeln bis 2030 ablenken. Beim EU-Klimaziel 2030 duckt sich die Bundesregierung weg. Merkel darf zur Frage der höheren CO2-Einsparung nicht schweigen. Wir brauchen mehr Ambition in Europa bis 2030, auch wenn dies die GroKo unter neuen Stress setzt. Das Gleiche gilt für die anderen Staats- und Regierungschef in der EU. Wer bis 2050 klimaneutral sein will, muss schon heute die CO2-Emissionen senken. Klimaschutz darf nicht auf die lange Bank geschoben werden. Das aktuelle Klimaziel der EU für 2030 ist deutlich zu gering. Merkel sollte von der Leyen nicht schon direkt am Anfang die Unterstützung für ihren Green Deal verweigern. Von der Leyens Green Deal wird nur mit der Unterstützung der europäischen Regierungen umsetzbar sein. Das 2030-Klimaziel auf 50% hochzusetzen ist ein erster, aber noch kein ausreichender Schritt. Um das Pariser Klimaabkommen einhalten zu können, müssen wir die CO2-Emissionen bis 2030 um 65% senken. Dass der EU-Gipfel in Brüssel parallel zur Klimakonferenz in Madrid tagt, sendet kein gutes Signal an die Welt. Die europäischen Regierungschefs sollten in Madrid präsent sein, um die hohe Dringlichkeit des Klimaschutzes zu unterstreichen.

2. Agrar- und Handelspolitik

Ein Green Deal ohne eine neue Agrar- und Handelspolitik ist unglaubwürdig. Der Green Deal verdient seinen Namen nur, wenn alle Wirtschaftsbereiche, die erheblichen Einfluss auf Klima und Umwelt haben, miteinbezogen werden.

Die industrielle Landwirtschaft ist ein Hauptverursacher der Klimakrise und des Artensterbens. Die EU-Agrarpolitik muss daher grundlegend reformiert werden. Ein Weiter-So bei den Agrarsubventionen darf es nicht geben. Wenig Hoffnung macht, dass von der Leyen den Plan einer Halbierung des Pestizideinsatzes bis 2030 nach einem Aufschrei der Pestizidhersteller und der Bauernverbände anscheinend schon wieder kassiert hat. Auch die Ankündigung des neuen Agrarkommissars bei den Agrarsubventionen nichts grundlegend ändern zu wollen, geht genau in die falsche Richtung.

Neben der industriellen Landwirtschaft treibt die Handelspolitik der EU die Treibhausgasemissionen nach oben. Freihandelsverträge müssen in Zukunft zu sinkenden Emissionen führen.

 

3. Strategie für sichere und nachhaltige Chemikalien

Als Teil ihres Null-Schadstoff-Ziels hat Ursula von der Leyen eine umfassende Strategie in Aussicht gestellt, um Bürger*innen vor gefährlichen Chemikalien zu schützen. Um effektiven Schutz zu gewährleisten, muss diese Strategie auf dem Vorsorgeprinzip beruhen und vier konkrete Gefahrenquellen angehen: Nanomaterialen, Umwelthormone, Kombinationseffekte und die Reduzierung der Belastung durch Chemikalien in Produkten. Was die Juncker-Kommission jahrelang versäumt hat umzusetzen, muss von der Leyen nun ohne Verzögerung angehen.

In einer internen Präsentation der EU-Kommission zum Green Deal fand sich die flächendeckende Einführung des “Innovationsprinzips”. Sollte die Kommission hier nachgeben und diese Erfindung der Chemie- und Tabakindustrie vor Vorsorge stellen, würde sie den Green Deal missbrauchen, um schmutzige Chemikalien zu legitimieren. Diese Hintertür muss der Industrie verschlossen bleiben. Europäische Chemikalienpolitik darf nicht von den Interessen der Industrie getrieben werden, sondern muss immer zuvorderst dem Schutz der Bürger*innen dienen und nachhaltige Chemieprodukte im Wettbewerb stärken.

4. Entscheidung Sustainable Finance: Rat droht, den guten Kompromiss bei der Klassifizierung nachhaltiger Investments platzen zu lassen – ab 10 Uhr im Ausschuss der ständigen Vertreter
Nach dem Abschluss der Verhandlungen zwischen Rat und Europaparlament am letzten Donnerstag steht der gefundene Kompromiss auf der Tagesordnung der Botschafter heute ab 10 Uhr. Es ist offen, ob die Botschafter den Kompromiss bestätigen, ablehnen oder die Entscheidung auf nächste Woche vertagen und Nachverhandlungen anstreben. Deutschland könnte den Kompromiss blockieren, weil Altmaier innerhalb der Bundesregierung gegen den Kompromiss ist. Und das ausgerechnet am Tag des Green Deals von Ursula von der Leyen. Eine Ablehnung der deutschen Vertreter könnte durch vom Europaparlament erstrittene Mitspracherechte bei der technischen Ausgestaltung der Klassifizierung oder Transparenzpflichten über die Nachhaltigkeit von Großunternehmen motiviert sein. Die Klassifizierung nachhaltiger Investments (Taxonomie) ist das Herzstück der gesamten Strategie für nachhaltige Finanzmärkte der EU. Ohne Taxonomie scheitert auch ein EU-Verbraucherlabel für nachhaltige Finanzprodukte und ein EU-Standard für Green Bonds. Es geht heute um was!”

Ab 13:00 Uhr wird Ursula von der Leyen eine Pressekonferenz zum Green Deal halten, die Sie und ihr hier live verfolgen könnt:  https://audiovisual.ec.europa.eu/de/video

Ab 14:00 Uhr wird Ursula von der Leyen ihren europäischen Green Deal dem Plenum des Europaparlament vorstellen und sich danach einer Debatte stellen. Die Sitzung des Parlaments können Sie und könnt ihr hier live verfolgen, bei der ich auch kurz reden werde: https://www.europarl.europa.eu/plenary/de/home.html

Rubrik: Klima & Umwelt

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