Die gestrige Einigung der Eurogruppe auf ein neues Paket verhindert auf absehbare Zeit einen Grexit. Bundesfinanzminister Schäuble musste eine doppelte Niederlage einstecken: Weder konnte er einen Grexit durchsetzen noch die erneute Verzögerung einer Einigung durch eine weitere Brückenfinanzierung. Zur Einigung einige schnelle Anmerkungen:
- Das neue Griechenland-Paket dient nicht erneutem Konsum und ist daher auch kein „Hilfspaket“, wie oft behauptet wird. Es dient vielmehr der Tilgung von bereits gemachten Staatsschulden und der Rekapitalisierung der Banken, die durch deren spätere Privatisierung refinanziert werden wird.
- Im Paket enthalten sind viele sinnvoll Strukturreformen, auch im Bereich der Steuerverwaltung. Gleichzeitig haben die Reformen wieder eine soziale Schieflage: Auch niedrige Renten werden gekürzt, eine Besteuerung von griechischem Vermögen im Rahmen eines Lastenausgleichs fehlt.
- Die vorhergesagte Rezession in diesem und im nächsten Jahr wird zu neuer Armut und Arbeitslosigkeit führen.
- Die geplante Privatisierung von zwei Dritteln des griechischen Staatsvermögens ist unrealistisch und aberwitzig. Es droht auch die Privatisierung des Wassers und anderer existenzieller Teile der Daseinsvorsorge.
- Dem Paket fehlt die Schuldentragfähigkeit. Das wird im Beschluss der Eurogruppe auch anerkannt, soll aber erst im Herbst angegangen werden. Eine Schuldenerleichterung ist dringend notwendig, denn sonst hängt der Grexit-Hammer weiter über Griechenland. Dazu sollten die Gläubiger und die Vermögenden in Griechenland einen Beirag leisten.
- Erfreulich ist, dass die Öffnung der Geschäfte am Sonntag nicht mehr unter den harten Maßnahmen des Pakets ist. Das war ein unakzeptabeler Eingriff in die Kultur des Landes. Der Sonntag sollte nirgendwo in Europa weiter ökonomisiert werden!
- Begrüßenswert ist, dass bei der kommenden Rekapitalisietung der Banken auf eine Gläubigerbeteiligung bestanden wird. Anders als in Zypern aber sind die Einlagen dabei ausgenommen, was gerade das Betriebskapital von Unternehmen schützt und damit eine weitere Zuspitzung der Wirtschaftskrise vermeidet.
- Für die Zukunft des Euros ist entscheidend, dass nun nicht die Hände in den Schoß gelegt werden. Wir brauchen eine effizientere und vor allem demokratische Vertiefung der Eurozone. Die Eurogruppe der nationalen Finanzminister hat in den letzten Monaten mit ihrer Intransparenz aller Welt vorgeführt, dass der Euro in Zukunft durch tatsächlich europäische Institutionen unter Kontrolle des Europaparlaments begleitet werden muss.
Weitere Anmerkungen in meinem Deutschlandfunk-Interview von heute Vormittag: