Sven Giegold

GroKo könnte zur großen Enttäuschung für Europa werden

 

Innerhalb der CDU ist ein Streit über die Europapolitik einer möglichen künftigen Großen Koalition entbrannt. Im Zentrum der Debatte steht unter anderem ein Europäischer Währungsfonds (EWF), der aus dem heutigen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) hervorgehen soll. Das Thema wird heute auch im Bundestag diskutiert, nachdem FDP, AfD und Linke Anträge dazu eingereicht hatten.Dazu sagt der wirtschafts- und finanzpolitische Sprecher der Grünen/EFA-Fraktion im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

 

“Die Große Koalition könnte zu einer großen Enttäuschung für Europa werden. Die deutsche Verweigerung einer demokratischen Eurozonen-Reform käme Frankreichs Ablehnung der Verteidigungsunion nach dem zweiten Weltkrieg gleich. Die Hand von Macron nicht anzunehmen, könnte zu einem Fehler von historischer Dimension werden. Merkel fehlt europäischer Mut. CDU/CSU lassen sich von der EU-Skepsis der FDP und AfD treiben. Große Teile der CDU/CSU erteilen einer Vertiefung und Demokratisierung der Eurozone eine Absage. Beim Thema Bankenunion hat das Sondierungspapier eine große Leerstelle. Ohne Vollendung der Bankenunion gibt es aber keine Einigung über eine echte gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in Europa.

Es fehlt nicht nur an Mut zu mehr gemeinsamer Politik, sondern auch mehr Demokratie in Europa. Merkel will die EU-Institutionen schwächen, indem sie den Europäischen Währungsfonds allein den nationalen Regierungen unterstellen möchte. Ein wirklich demokratischer Europäischer Währungsfonds müsste transparent arbeiten und unter die Kontrolle und Mitbestimmung des Europaparlaments gestellt werden. Auch bei der Eurogruppe sollen wichtige Reformen nicht angepackt werden: Um die Eurogruppe demokratischer zu machen, sollte sie unter die Kontrolle des Europaparlaments gestellt werden.

Zwar atmet das Sondierungspapier einen proeuropäischen Geist, im Konkreten bleibt es aber kleingeistig und mutlos. Frankreich und Italien wollen die Europawahlen durch transnationale Listen tatsächlich europäisch machen. Im Sondierungspapier sucht man diesen großen Schritt zu mehr Demokratie in Europa vergeblich. Wer in der heutigen Zeit proeuropäisch sein möchte, muss Reformen entschlossen anpacken statt auf Allgemeinplätzen zu verharren. Europas Zukunft wird nicht mit Floskeln, sondern mit mutigen Taten gestaltet. Union und SPD müssen in den Koalitionsverhandlungen kräftig nachlegen, sonst verpassen sie eine historische europäische Chance.”

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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