Heute haben die Grünen Abgeordneten des Wirtschafts- und Währungsausschusses im Europaparlament ihren Vorschlag einer fiskalpolitischen europäischen Antwort auf die Corona-Krise vorgestellt. Die Grünen im Europaparlament sind die einzige Fraktion im Europaparlament mit einer gemeinsamen Position zu dieser Frage. Sie fordern die Ausgabe von gemeinsamen Coronabonds mit langen Laufzeiten durch einen EU-Fonds in höhe von 1 Billion Euro, garantiert durch die Mitgliedstaaten, und gemeinsam eingerichtet durch Europaparlament und Ministerrat im Prozess der Ko-Gesetzgebung. Der grüne Vorschlag baut auf dem französischen Vorschlag auf und erweitert ihn um demokratische Mitbestimmung durch das Europaparlament statt im Intergouvernementalismus zu verbleiben. Die Mittel würden im Kontext der Corona-Krise Ausgaben dort ermöglichen, wo sie am meisten gebraucht werden. Zurückgezahlt werden sollen die Anleihen nach Ablauf von den Mitgliedstaaten gemeinsam, proportional zur jeweiligen Wirtschaftskraft. Damit könnte Europa Hilfen für direkte Kosten der Corona-Krise bereitstellen und die Stabilisierung und das Wiederankurbeln der europäischen Volkswirtschaften unterstützen. Sieben führende Ökonomen aus Deutschland haben einen ähnlichen Vorschlag vorgelegt und es gibt mehrere ähnliche Vorschläge auf europäischer Ebene. Für morgen werden Beschlüsse der Eurogruppe über die europäische fiskalpolitische Antwort auf die Corona-Krise erwartet.
Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:
“Die Solidarität der europäischen Gemeinschaft steht auf der Probe. Die Coronakrise wurde von keinem Land allein verschuldet. Europäische Solidarität ist das Gebot der Stunde. Europäische Solidarität bedeutet gemeinsame politische und finanzielle Verantwortung. Die Vorschläge der Bundesregierung für die Krisenbewältigung in der Eurozone sind unzureichend. Wir brauchen europäische Coronabonds, um 1 Billion Euro aufzubringen. Mit gemeinsamen Coronabonds können wir die Kosten für öffentliche Gesundheit, wirtschaftliche Stabilisierung und den Wiederaufbau unserer Volkswirtschaften gemeinsam bestreiten. Die Pläne zum Wiederaufbau müssen im Einklang mit dem Pariser Klimaschutzabkommen und den Zielen des Green Deals der EU-Kommission stehen. Solidarität in Europa bedeutet Gemeinschaftsaufgaben zusammen zu finanzieren und die Mittel gemeinsam zurückzuzahlen. Nur so können wir eine tiefe und langfristige Spaltung Europas verhindern.
Wer sich gegen gemeinsame Anleihen ausspricht, verschiebt die gemeinsame Haftung lediglich auf die unabhängige EZB und befördert sie damit außerhalb demokratischer Entscheidungsfindung. Die europäischen Staats- und Regierungschefs dürfen die Bürde der Krisenbewältigung nicht wieder bei der Geldpolitik abladen und sich vor der notwendigen europäischen Fiskalpolitik drücken.
Die Finanzminister müssen morgen ein starkes Zeichen europäischer Solidarität setzen und von schädlichen Sparauflagen für die besonders von der Krise getroffenen Ländern absehen. Die Bundesregierung darf gegenüber den europäischen Freunden in dieser Notlage nicht kleinlich sein, denn Deutschland hat wirtschaftlich am meisten vom Euro profitiert. Wenn Länder wie Italien oder Spanien wirtschaftlich leiden, leidet am Ende auch Deutschland und die gesamte Eurozone.”
Link zum Grünen Vorschlag für EU-Solidarfonds (auf Englisch): https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2020/04/20-4-06-Greens-proposal-corona-fund-signed-2.pdf
P.S.: Gleich am Mittwoch um 19:00 Uhr findet das nächste Europe Calling statt. Bei der “Europäischen Corona-Konferenz” kommen bekannte Grüne aus ganz Europa zusammen, um europäische Antworten für die Corona-Pandemie zu diskutieren. Schon 1.600 Personen haben sich angemeldet!
Melden Sie sich gerne gleich hier an: https://attendee.gotowebinar.com/register/8782037271504747532