Das Griechenland-Chaos könnte die Hilfsbereitschaft Deutschlands deutlich sinken lassen. Bei deutschen Politikern sorgt das Verhalten der Regierung in Athen in der Schuldenkrise jedenfalls zunehmend für Empörung.
In Griechenland werde das vom griechischen Premier Giorgos Papandreou geplante Referendum „natürlich genauso kontrovers diskutiert wie im Rest Europas“, sagte der finanzpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Klaus Peter Flosbach (CDU), Handelsblatt Online. „Das strapaziert sehr unsere Hilfsbereitschaft.“
Für die Grünen ist Papandreou mit seinem Kursschwenk gescheitert. Zwar sei jetzt jede Besserwisserei und Häme fehl am Platz. Doch Papandreous Flucht nach vorne sei angesichts der bröckelnden Zustimmung in seiner sozialistischen Pasok-Partei „nach hinten losgegangen“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen im Europaparlament, Sven Giegold, Handelsblatt Online.
Griechenland habe nun die Wahl zwischen der Pleite durch fehlende Hilfszahlungen und einem Reformprogramm, das ökonomisch nicht funktioniert und sozial das Land weiter spaltet. „Wie man es auch dreht und wendet: ohne ein echtes Aufbauprogramm finanziert durch die Besteuerung von Vermögen hat Griechenland keine Chance – mit oder ohne Volksabstimmung“, sagte Giegold.
In der griechischen Regierung waren nach der Ankündigung eines Volksentscheids und der internationalen Kritik daran erhebliche Differenzen zu Tage getreten. Finanzminister Evangelos Venizelos distanzierte sich von Ministerpräsident Papandreou. Dieser hatte angedeutet, bei dem Referendum könne es nicht nur um das Rettungspaket, sondern auch um den Verbleib des Landes in der Euro-Zone gehen. Venizelos meinte, die Beteiligung an der gemeinsamen Währung sei eine historische Errungenschaft, die nicht von einer Volksbefragung abhängen könne.
Die Euro-Partner hatten zuvor in Cannes deutlich gemacht, dass der Austritt Griechenlands kein Tabu mehr sei. Euro-Gruppenchef Jean-Claude Juncker betonte, das Land dürfe nicht um jeden Preis Mitglied bleiben.
Papandreou hat für den späten Vormittag eine Krisensitzung des Ministerrates einberufen. Anschließend solle der Parlamentsausschuss der Sozialisten tagen, wurde in Athen mitgeteilt. Der Regierungschef will morgen im Parlament die Vertrauensfrage stellen. Danach soll es später ein separates Votum über das Referendum geben.
„Deutsche werden von Griechen beschimpft und beleidigt“
Die Abgeordneten im Bundestag reagierten verschnupft auf das neuerliche Griechenland-Chaos. Viele seien es leid, „im Wahlkreis ständig den Kopf hinhalten zu müssen, während in Griechenland die Deutschen beschimpft und beleidigt werden“, sagte der thüringische FDP-Bundestagsabgeordnete Patrick Kurth der „Leipziger Volkszeitung“ vom Donnerstag.
FDP-Fraktionsvize Patrick Döring bezeichnete es gegenüber dem Blatt als Zumutung, dass die europäischen Partner unter Hochdruck alles täten, um die Lage Griechenlands zu stabilisieren – „und am Ende die griechische Regierung im Alleingang alles wieder in Frage stellt und den Prozess um Monate zurück wirft“. Solange die griechische Regierung kein klares Mandat für ihre Politik habe, „ist eine Fortsetzung der Verhandlungen mit Griechenland in meinen Augen zwecklos“.
Der als Kritiker der Euro-Rettungspakete bekannte CDU-Abgeordnete Wolfgang Bosbach sagte der Zeitung, die bisherige Hilfe für Griechenland beruhe auf den klaren Zusagen des Landes zur Sanierung der eigenen Staatsfinanzen. Notwendig seien aber auch Regeln für den Austritt oder den Ausschluss aus der Euro-Zone, andernfalls würden die Menschen auf Dauer eine Unterstützung von Staaten nicht mitmachen.
Der französische Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatten am Mittwochabend bei einem Krisengipfel in Cannes den Druck auf Griechenland erhöht. Mit dem von Papandreou angestrebten Referendum über das Euro-Rettungspaket würden die Griechen auch entscheiden, ob sie den Euro behalten wollten, erklärten die Regierungschefs.
Linkspartei-Chef Klaus Ernst warf Merkel und Sarkozy vor, Europa durch eine Erpressung Griechenlands ins Chaos zu führen. „Die EU treibt Griechenland in eine Staatskrise und soziale Unruhen“, erklärte er am Donnerstag in Berlin.