Sven Giegold

Hauptversammlung der Deutschen Bank: Bilanzkosmetik ermöglicht Boni und Dividenden auf Kosten des Eigenkapitals

Die Deutsche Bank kann sich nur dank Kapitalerhöhung Dividende und Boni erlauben. Ohne die impliziten staatlichen Subventionen dank der too big to fail Überlebensgarantie würde die Bank hohe Verluste machen (1). Die Ertragslage ist im 2. Jahr in Folge so schlecht, dass der Gewinn nicht ausreicht, um die Dividende zu zahlen (2). Ein wesentlicher Grund dafür sind die 3,2 Milliarden Euro Boni, die an Mitarbeiter ausgeschüttet wurden.

Die Deutsche Bank kann vor allem nur deshalb überhaupt einen Gewinn ausweisen, weil verschiedene negative Einflüsse, wie z.B. Währungseffekte und Neubewertung von Pensionszusagen, „erfolgsneutral“ gegen das Eigenkapital gebucht wurden (3). Das Tier 1 Kapital der Deutschen Bank ist im Jahr 2013 nur um 234 Millionen Euro gestiegen, obwohl 2,96 Milliarden Euro Eigenkapital neu aufgenommen wurden. D.h. ohne Kapitalerhöhung hätte sich das Eigenkapital der Bank um 2,7 Milliarden Euro verringert. Laut Paragraph 19 der Institutionsvergütungsverordung ist bei der Ermittlung der variablen Vergütung, der Erfolg des Finanzinstituts angemessen zu berücksichtigen.

 

Sven Giegold, wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europa­parlament kommentiert die Hauptversammlung der Deutschen Bank:

“Was für ein Glück für die Deutsche Bank, dass sie dank großzügiger Bilanzierungsregeln Vermögensverluste direkt mit dem Eigenkapital verrechnen darf und so ihren Gewinn schönen kann. Nur dank der Blutspende neuer Eigenkapitalgeber kann die Deutsche Bank überhaupt Boni und Dividenden zahlen. Wie kann die BaFin das zulassen? Und wie lange wird es Aktionäre geben, die der Bank jedes Jahr frisches Eigenkapital geben, nur damit diese Boni und Dividenden zahlen kann?

Lieber Herr Fitschen, lieber Herr Jain, bringen Sie Ihre Bank in Ordnung. Verzichten Sie auf Dividenden und Boni solange Sie diese nur mit Kapital­erhöhungen finanzieren können. Die Märkte halten Sie immer noch für massiv unterkapitalisiert und unprofitabel. Nur dank der impliziten Staatsgarantie aufgrund Ihres too big to fail Status können Sie sich zu überlebens­fähigen Konditionen refinanzieren. Wo bleibt Ihr Stolz? Es ist doch eine Schande, dass Sie auf Milliarden impliziter staatlicher Subventionen angewiesen sind. Zeigen Sie der Welt, dass die Deutsche Bank eine sichere Bank ist. Nehmen Sie entscheidend mehr Eigen­kapital auf. Die angekündigten 8 Milliarden Euro sind ein Tropfen auf den heißen Stein.

Und lieber Herr Schäuble, warum lassen Sie zu, dass die Deutsche Bank zu Lasten ihrer Substanz Dividenden ausschüttet und Boni bezahlt? Warum haben wir eine Institutionsvergütungsverordung in Deutschland, wenn sie nicht angewendet wird? Wenn eine Bank Eigenkapital verliert, kann von Erfolg doch keine Rede sein.“

 

(1) Im Global Financial Stability Report des IWF (April 2014, Kapitel 3) werden die Subventionen für die Groß­banken in der Eurozone auf über 200 Milliarden Euro beziffert. Die Deutsche Bank wird nicht separat auf­geführt. Bei Anwendung der Methoden des IWF kommt man für die DB auf  Subventionen im einstelligen Milliarden Bereich.

(2) 2013: 65 cts / Aktie Gewinn vs 75 cts / Aktie Dividende. 2012: 27 cts / Aktie Gewinn und 75 cts Dividende

(3) S. 237 Risikobericht

(4) Von 50,483 auf 50,717 Milliarden Euro

 

Weitere Hintergründe

Die Deutsche Bank zeigt eine ungewichtete Eigenkapitalquote (leverage ratio) von 3,1%. In Basel wurden kürzlich die Regeln für eine leverage ratio beschlossen, die mindestens 3% betragen muss. Derivate und außerbilanzielle Zweckgesellschaften, das Hauptversteck für toxische Wertpapiere, fließen jedoch nicht voll in die Berechnung ein. Trotz dieser neuen großzügigen Berechnungs­weise erfüllt die Deutsche Bank die leverage ratio aber nur aufgrund von Übergangsregeln: von den 45 Milliarden EK, die für die leverage ratio zählen, sind 11,2 Milliarden kein echtes hartes EK. Mit echtem EK wären nur 2,35% Eigenkapital vorhanden!

Solange Großbanken in Europa nicht glaubwürdig abgewickelt werden, können sie sich zu subven­tionierten Zinssätzen Geld leihen. Auf 200 Milliarden Euro jährlich hat der IWF die impliziten Subventionen allein in der Eurozone beziffert. 36 Basispunkte (über Libor) musste die DB im Jahr 2013 für Anleihen mit durchschnittlich 4,4 Jahren Laufzeit bezahlen. Als Bank mit 2,35% EK Quote. Das sind Zinsen, von denen manche Staaten in Europa vor ein paar Monaten noch geträumt hätten.

Die Deutsche Bank wendet immer noch dieselben Methoden an, um ihre Risiko zu modellieren. Laut Modell kann der kumulierte Jahresverlust im Handelsbuch maximal 0,46% betragen könne. Und laut Chefmathematiker beträgt die Prognosegüte für diese Vorhersage genau 99,98%. Mit der gleichen Prognosegüte wird vorausgesagt, wie groß die sogenannten operationellen Risiken aus z.B. einem Zusammenbruch der IT Systeme oder einem großem Betrugsfall sind. Mit 99,98% Sicherheit beträgt der Schaden weniger als 5,3 Mrd. Euro. Als ob man noch nie von einem London Whale gehört hätte. Schwarze Schwäne sind in Frankfurt nicht vorbeigeschwommen, also kann es auch keine geben.

Eine Deutsche Bank z.B. zaubert so aus 1.112 Milliarden Euro Aktiva im Investment Banking 119 Milliarden Euro risikogewichtete Aktiva. Die 7% von Basel III beziehen sich auf die fiktiven 119 Milliarden. Auf die echten 1,1 Billionen müsste die Bank regulatorisch also nur 0,7% Eigenkapital halten.

Die Börse zeigt der Deutschen Bank gegenüber hohe Skepsis. Obwohl die Bank in Bezug auf Bilanzsumme und insbesondere im Investmentbanking zu den führenden Banken weltweit gehört, ist sie in Bezug auf Unternehmenswert weit abgeschlagen: Die amerikanischen Banken Citibank 3mal, BoA 4mal und JPM 5mal so wertvoll. Auch die großen europäischen Banken: die französische BNP, gleich große Bilanzsumme aber 2,1x so wertvoll, die englischen Banken RBS und Barclays 30% und 40% wertvoller, obwohl diese in der Krise vom Staat aufgefangen werden musste. UBS gar 70% wertvoller.

 

Rubrik: Meine Themen, Wirtschaft & Währung

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