Sven Giegold

Investmentfonds: Schutz vor Anlagebetrug, Bonusregeln für Fondsmanager und Rechte für Whistleblower

Gestern Abend haben sich die Vertreter des Europaparlaments und des Rats auf einen Kompromiss für die Revision der Richtlinie für offene Publikumsfonds (OGAW) geeinigt. Unter die Richtlinie fallen die meisten von Kleinanlegern erworbene Fonds mit einem Gesamtvolumen von beinahe 6.300 Milliarden Euro. Der Kompromiss stützt den Kommissionsvorschlag für verbesserten Verbraucherschutz für Investoren. Die Revision der Richtlinie umfasst die Vergütung der Investmentfondsmanager, klare Regeln für die Depotbanken und harmonisiert Sanktionen für Verstöße gegen das Gesetz.

Sven Giegold, Berichterstatter und wirtschafts- und finanzpolitischer Sprecher der Grünen im Europaparlament begrüßt das Verhandlungsergebnis:

„Der ausgehandelte Kompromiss verbessert den Anlegerschutz und macht Anlagebetrug schwerer. Klare Regeln für die Vergütung von Investmentfondsmanagern werden Boni an den Erfolg der Anleger binden. Damit Anleger keine Verluste erleiden, wenn die Einlagen in Obhut der Verwahrstelle verloren gehen, werden eine strikte Haftung der Depotbanken für Einlagen sowie einheitliche hohe Sanktionen eingeführt. Weitere Betrugsskandale im Stil von Madoff, der einen Schaden in Höhe von 64,8 Milliarden Euro verursacht hat, werden dadurch verhindert.

Ein großer Grüner Erfolg ist die Schaffung eines sicheren Zugangs für Whistleblower bei der Europäischen Marktaufsichtsbehörde (ESMA) und den nationalen Finanzaufsehern. Endlich können Insider auch auf europäischer Ebene auf Missstände hinweisen, ohne ihre Identität preisgeben zu müssen.“

 

Was wir erreicht haben:

Vergütung:

Investmentfonds dürfen keine Risiken eingehen, die für die Anleger nicht akzeptabel sind. Um nachhaltige Anlagestrategien zu fördern, müssen mindestens die Hälfte der Bonuszahlungen aus Anteilen am eigenen Fonds bestehen. 40% der Boni dürfen erst nach frühestens 3 Jahren ausgezahlt werden. In Fällen von sehr horen Bonuszahlungen steigt der Satz auf 60%. Unsere Forderung, dass generell auch alle Subunternehmer unter diese Vergütungsregel fallen, hat eine Sperrminorität von Mitgliedsstaaten um Großbritannien leider erfolgreich verhindert. Stattdessen wird ESMA in Richtlinien festlegen, welche externen Mitarbeiter und Subunternehmer unter diese Vergütungsregel fallen. Dies wird verhindern, dass Vermögensverwaltungen in Drittländer ausgelagert werden, um die Vergütungsregeln zu umgehen.

Eine weitere Schwächung der Vergütungsregeln durch den Rat konnte abgewendet werden. Der Vorschlag, dass die variablen Anteile des Gehalts nicht nur in Anteilen am eigenen Fonds ausgezahlt werden können, sondern auch in Anteilen der Muttergesellschaft und der Verwaltungsgesellschaft, fand keine Mehrheit. Diese Regelung hätte dazu geführt, dass Fondsmanager einen Anreiz gehabt hätten, die Profite der Verwaltungsgesellschaft zu erhöhen, anstatt den Wert des eigentlichen Fonds im Blick zu haben.

Leider wird das Problem unverhältnismäßiger Performance Fees für Verwaltungsgesellschaften durch dieses Gesetz nicht gelöst. Anleger werden weiterhin durch undurchsichtige Gebühren abzockt und verlieren dadurch erhebliche Teile ihrer Erträge aus den Fonds. Strengere Regeln in diesem Bereich wurden von den liberalen und konservativen Abgeordneten verhindert. Eine große Chance wurde hier verpasst! Immerhin beschränken in Deutschland nun neue Regeln der Bundesanstalt für Finanzaufsicht diese Abzocke.

 

Verwahrstellen und Wertpapierleihe:

Nur bestimmte Gesellschaften können in Zukunft als Verwahrstellen lizenziert werden. Neben Banken und Zentralbanken sind das nur ausreichend kapitalisierte und beaufsichtigte Gesellschaften. Der Grüne Vorschlag, Wertpapierleihen zugunsten des Publikumsfonds nur dann zu erlauben, wenn sie mit ausreichenden Sicherheiten hinterlegt sind, wurde von allen Verhandlungspartnern akzeptiert.

Die versuchte Einflussnahme der Depobanken auf die für sie geltenden Haftungsregeln, konnte abgewendet werden. Die Verantwortung der Haftungsübernahme bei Unterverwahrung im EU-Ausland darf in Zukunft nicht mehr vertraglich ausgehebelt werden.

 

Sanktionen:

Verwaltungsstrafen für Verstöße gegen die Richtlinie werden erstmals harmonisiert. Höchststrafen für juristische Personen müssen mindestens 5 Millionen Euro oder 10% des Umsatzes des Unternehmens betragen. Für natürliche Personen müssen sie mindestens bei 5 Millionen Euro liegen. Das Europaparlament hatte eine Angleichung an die Marktmissbrauchsgesetze gefordert. Das hätte höhere Strafsätze zur Folge gehabt. Aber vor allem gegen den Widerstand des deutschen Bundesjustizministeriums konnte das nicht durchgesetzt werden. Auch die neue SPD-Führung des Hauses hat zu keiner Veränderung der deutschen Haltung zum Schutz von Wirtschaftskriminellen geführt. Außerdem können vorübergehende oder permanente Verbote für einzelne Personen verhängt werden, in Verwaltungsgesellschaften oder Investmentgesellschaften Aufgaben zu übernehmen.

Ein weiterer Erfolg des Europaparlaments war die Beschränkung, dass Mitgliedsstaaten nur während der ersten zwei Jahre nach Inkrafttreten der Änderungsrichtlinie strafrechtliche Sanktionen anstelle von Verwaltungsstrafen einführen dürfen.

 

Whistleblower:

Auf Grünen Vorschlag müssen sowohl bei den nationalen Aufsichtsbehörden als auch bei der Europäischen Marktaufsichtsbehörde (ESMA) sichere Kanäle für Whistleblower geschaffen werden. Dadurch wird es Whistleblowern ermöglicht, gegen voreingenommene oder unzulängliche nationale Aufseher vorzugehen. Eine solche Vorschrift hat es in der europäischen Finanzmarktgesetzgebung noch nicht gegeben. Damit können Whistleblower ESMA bei Nichthandeln der nationalen Aufseher einschalten, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen.

Rubrik: Klima & Umwelt, Wirtschaft & Währung

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