Zur Verabschiedung des Kleinanlegerschutzgesetzes durch das Bundeskabinett erklären Dr. Gerhard Schick, Sprecher für Finanzpolitik, und Nicole Maisch, Sprecherin für Verbraucherpolitik:
Der Kabinettsbeschluss zum Kleinanlegerschutz hat Licht und Schatten. Einerseits wurden unsere Verbraucherschutzforderungen aufgegriffen. Andererseits wurden spezielle Belange der solidarischen Ökonomie nicht befriedigend gelöst.
Es ist richtig, dass der Gesetzentwurf eine Ausnahme von der Prospektpflicht für soziale und gemeinnützige Projekte vorsieht. Über den Schwellenwert von einer Millionen Euro muss im weiteren Gesetzgebungsprozess noch diskutiert werden. Bürgerschaftliche Projekte wie etwa Dorfläden, Schulprojekte oder Wohnprojekte dürfen nicht wie Finanzprodukte von renditeorientierten Emittenten behandelt werden. Wir werden darauf achten, dass die Ausnahmeregelung ausreicht, um diese Projekte vor zu hohen Anforderungen zu bewahren.
Bei der Crowdfunding Ausnahme muss geprüft werden, ob der Schwellenwert von einer Millionen Euro angemessen ist. Wenn die einzelne Investitionssumme pro Anleger beschränkt wird und ein Investoreneignungstest eingeführt wird, könnte ein höherer Schwellenwert ins Auge gefasst werden. Eine angemessene Regulierung und sachverständige Überwachung der Crowdfunding-Plattformen muss etabliert werden. Es kann nicht sein, dass die Aufsicht über die Plattformen bei den Gewerbeämtern angesiedelt wird, die hierfür weder das Personal haben noch über die fachliche Expertise verfügen.
Die Bundesregierung muss dringend Regeln für eine Standardisierung und Vereinheitlichung von Kapitalmarktprospekten schaffen. In seiner heutigen Form dient der Prospekt viel zu oft allein der Haftungsfreizeichnung der Emittenten und nicht der Information der AnlegerInnen. Wir brauchen zudem Änderungen bei der BaFin als Aufsichtsbehörde, die über das neue Aufsichtsziel des kollektiven Verbraucherschutzes hinausgehen. Der Fall Prokon hat das Versagen der BaFin gezeigt, die das Prospekt genehmigte, obwohl darin wichtige Angaben fehlten.
Für KleinanlegerInnen ist vor allem ein klar verständliches Vermögensinformationsblatt (VIB) von Bedeutung. Das Unterschriftserfordernis kann zwar als Warnhinweis dienen, aus Verbraucherperspektive kann es aber bei einem Streit um eine Falschberatung zu einer nachteiligen Beweislage für KleinanlegerInnen vor Gericht führen. Dies haben Erfahrungen mit Beratungsprotokollen gezeigt. Die Bundesregierung ist in der Pflicht, Kleinanlegerschutz und bürgerschaftliches Engagement in eine ausgewogene Balance zu bringen.“