Sven Giegold

Anhörung im EU-Parlament: Lagarde könnte die EZB grüner machen

Heute fand im Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europaparlaments die öffentliche Anhörung von Christine Lagarde, der Kandidatin für die EZB-Präsidentschaft statt. Christine Lagarde wurde im Juli vom Europäischen Rat für die Nachfolge von Mario Draghi an der Spitze der EZB vorgeschlagen. Auf grüne Frage hin unterstützte sie einen viel aktiveren Beitrag der EZB beim Kampf gegen den Klimawandel. Nach der heutigen Anhörung stimmt der Wirtschaftsausschuss am frühen Abend über eine Empfehlung der Kandidatin ab. Nach einer weiteren Abstimmung durch das Plenum des Europaparlaments muss die Kandidatin noch formal vom Europäischen Rat ernannt werden.

Dazu erklärt Sven Giegold, Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament:

“Eine Frau an der Spitze der EZB ist gut für Europa und die Bankenbranche. Die Bankenwelt ist noch immer eine Männerwelt. Lagarde ist erfahren und durchsetzungsstark. Erfreulich ist ihre Haltung zum Klimaschutz. Lagarde könnte die EZB grüner machen. Lagarde will Klimarisiken ins Zentrum der Finanzstabilität rücken. Lagarde hat verstanden, dass Ökonomie und Ökologie zusammengehen müssen. Die EZB kann mit ihrer Geldpolitik die Bedingungen für Investitionen in eine grüne Transformation der Wirtschaft verbessern. Wir werden Lagarde dabei unterstützen, die EZB zum Hebel für den Klimaschutz zu machen. Es gibt kein stabiles Finanzsystem im Klimakollaps.

Angesichts des drohenden Konjunktureinbruchs ist Lagardes Festhalten an der expansiven Geldpolitik ein beruhigendes Signal für Europa und den Euro. Gegenüber den Problemen der Niedrigszinspolitik muss Lagarde sich ehrlich machen. Sie spricht die negativen Auswirkungen auf die Finanzstabilität und Immobilienpreise nicht klar genug an. Dennoch: Es ist monetärer Populismus, die EZB zum Hauptschuldigen für die niedrigen Zinsen zu erklären. Die Niedrigszinspolitik ist in erster Linie eine Folge des Versagens der Mitgliedstaaten, eine gemeinsame Fiskalpolitik in Europa zu machen. Lagarde sollte nicht wie Mario Draghi zum Sündenbock für deutsche Versäumnisse in der Europapolitik gemacht werden. Nur eine starke gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euroländer würde der EZB eine Alternative zur sehr laxen Geldpolitik eröffnen. Es ist gut, dass sich Lagarde für eine stärkere gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik in der Eurozone ausspricht. Gerade in Zeiten des Abschwungs ist eine gemeinsame Wirtschaftspolitik wichtig, um neue wirtschaftliche Dynamik zu erzeugen. Investitionen in den Klimaschutz sollten für die Euroländer oberste Priorität haben.

Zu wenig kam von Lagarde bisher zur Bekämpfung von Geldwäsche. Die EZB sollte deutlich härter als bislang gegen Geldwäsche vorgehen. Auch beim Thema Kryptowährungen muss Lagarde mehr liefern. Die EZB sollte mindestens gleiche Spielregeln für Digitalwährungen fordern, damit diese nicht rechtsfreie Räume bleiben.”

Rubrik: Wirtschaft & Währung

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