Sven Giegold

LEAK: Deutsch-französischer Vorschlag zum Eurozonen-Budget ist Alibi-Stabilisierung

Letzte Woche haben sich Finanzminister Olaf Scholz und sein französischer Kollege Bruno Le Maire auf einen Kompromissvorschlag für einen Eurozonen-Budget geeinigt. Der neue Haushalt soll im EU-Haushalt verankert werden und für Euro-Beitrittsländer offen sein. Die Mittel kommen von den Euroländern, möglicherweise aus Einnahmen durch eine Finanztransaktionssteuer oder auch aus dem EU-Haushalt. Fördern soll der Eurozonen-Budget nationale Reformen und Investitionen aus den Empfehlungen des Europäischen Semesters, die zu mehr Konvergenz und Wettbewerbsfähigkeit der Eurozone beitragen. Emmanuel Macron hatte ursprünglich einen wesentlich größeren Eurozonen-Budget vorgeschlagen, der im Krisenfall mit Investitionen einer wirtschaftlichen Abwärtsspirale entgegenwirken kann und durch eine gemeinsame Unternehmenssteuer als “makroökonomischer Stabilisator” wirkt. In der Meseberger Erklärung hatten sich Deutschland und Frankreich auf die ersten Eckpunkte eines Eurozonen-Budgets geeinigt. Schon die Meseberger Erklärung blieb weit in hinter Frankreichs Vorschlägen zurück, doch forderte immerhin noch eine echte Stabilisierungsfunktion des Eurozonen-Budgets. Deutschland und Frankreich haben nun in einer genaueren Ausarbeitung die Stabilisierung faktisch beerdigt. Einige Zeitungen haben über diesen Leak schon berichtet, den wir hier einer breiteren interessierten Öffentlichkeit zugänglich machen.

Dazu sagt der Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Europäischen Parlament, Sven Giegold:

“Der Vorschlag von Scholz und Le Maire zu einem Eurozonen-Budget ist lediglich eine Alibi-Stabilisierung. Die deutsche Bundesregierung setzt ihre europapolitische Irrfahrt fort, indem sie Frankreichs Vorschläge bis zur Unkenntlichkeit kleinarbeitet. Der Koalitionsvertrag kündigte eine neue Europapolitik an, geliefert wird die altbekannte Blockade-Politik gegen eine gemeinsame Finanzpolitik in der Eurozone. Die Substanz des Papiers sind altbekannte Strukturreformen mit deutscher Handschrift, eine wirksame makroökonomische Stabilisierung bleibt aus. Das Papier dient lediglich der Gesichtswahrung der Beteiligten. Die ursprüngliche Idee echter automatischer Stabilisatoren wird angekündigt, aber nicht geliefert. Dieser deutsch-französische Eurozonen-Budget wird die Eurozone nicht krisenfest machen.

Es ist eine irreführende Neubesetzung des Begriffs Stabilisierung, wenn damit gemeint ist, wirtschaftliche Schocks durch Mobilität von Arbeitskräften und Resilienz des Finanzsektors abzufedern. Der Mehrwert des vorgeschlagenen Haushalts ist zweifelhaft, denn bestehende Programme wie der Juncker-Plan, die Strukturfonds und aktuell diskutierte Programme wie InvestEU und Reformhilfeprogramm erfüllen vergleichbare Ziele.”

Link zum Leak des deutsch-französischen Vorschlags: https://sven-giegold.de/wp-content/uploads/2019/02/French-German-Contribution-on-a-Eurozone-Budgetary-Instrument.pdf